Vom Vergeben

Vom Vergeben

(Mt XVIII 21) Da trat Petrus an ihn heran und fragte: „Herr, wie oft muß ich meinem Bruder, wenn er mich kränkt, vergeben? vielleicht siebenmal?“ (22) Jesus antwortete: „Nicht sieben-, sondern siebzigmalsiebenmal. (23) Denn im Reiche Gottes ist es wie bei einem Könige, der mit seinen Knechten[1] abrechnen wollte. (24) Als er nun anfing abzurechnen, wurde ihm einer vorgeführt, der zehntausend Talente schuldete. (25) Da er nicht bezahlen konnte, befahl der König, um zu seinem Gelde zu kommen, ihn samt Frau Kindern und aller Habe zu verkaufen.[2] (26) Da fiel der Knecht vor ihm nieder und flehte: „Hab Geduld mit mir! ich will dir alles bezahlen.“ (27) Und der Herr erbarmte sich: er gab ihn frei und erließ ihm die Schuld. (28) Beim Hinausgehen aber traf der Knecht einen seiner Mitknechte, der ihm hundert Denare schuldete. Er packte und würgte ihn und sprach: „Bezahle was du mir schuldig bist!“ (29) Sein Mitknecht fiel vor ihm nieder und flehte: „Hab Geduld mit mir! ich will dir alles bezahlen.“ (30) Er aber wollte nicht, sondern warf ihn ins Gefängnis, bis er seine Schuld bezahlt hatte. (31) Als das die anderen Knechte sahen, wurden sie sehr traurig und erzählten alles ihrem Herrn. (32) Da ließ der Herr ihm kommen und sprach zu ihm: „Du böser Knecht, deine ganze Schuld hab ich dir erlassen, weil du mich anflehtest. (33) Hättest du dich da nicht auch deines Mitknechts erbarmen müssen, wie ich mich deiner erbarmt habe?“ (34) Und voll Zorn übergab er ihn dem Kerkermeister, bis er seine ganze Schuld bezahlt hatte. (35) So wird auch mein himmlischer Vater an euch tun, wenn ihr nicht, einer dem andern, von Herzen vergebt.“

Erklärungen

[1] Hier: den Statthaltern seiner Provinzen. „Knechte des Königs heißen in der Bibel und überhaupt im Orient auch seine obersten Diener.“ (Wellhausen). Trotzdem erscheinen 10.000 Talente stark übertrieben. Es soll damit gesagt werden, dass Gott uns eine ungeheure Schuld zu vergeben hat, der gegenüber die Schuld unsrer Mitmenschen gegen uns lächerlich gering ist.

[2] Entsprechend dem harten Schuldrecht des Altertums.

Israel und Juda. Sage und Geschichte, Weisheit und Hoffnung eines Volkes in Selbstzeugnissen. Hg. u. kommentiert von August Möhle (seit 2017 auch als E-Book)