Leserbriefe zur Rezension

Hitler und seine Männer

Der Bremer Historiker Lothar Machtan will Hitlers homosexuelle Neigung entdeckt haben

Von Oliver Georgi


André Freud schrieb uns am 17.06.2003
Thema: Oliver Georgi: Hitler und seine Männer

Im Grunde stimme ich Ihrer Wertung zu, aber an einer Stelle greifen Sie zu kurz: Nicht eine etwaige Homosexualität Hitlers, sondern eine Persönlichkeitsstruktur, die mit äußerster Verdängung arbeitet, könnte Erklärungsansätze für einige Verhaltensweisen bieten.
Aber natürlich sind diese "elf Männer" reiner Quatsch, das erinnert ja fast an Jünger und Abendmahl.
Zu guter letzt: Warum schreiben Sie von Magda Quandt (mit dt!) und nicht, wie sie ja hieß, von Magda Goebbels?
Mit freundlichem Gruß,
Freud


Ingo-Wolf Kittel schrieb uns am 23.07.2004
Thema: Oliver Georgi: Hitler und seine Männer

Lothar Machtan hat in die 2003 bei Fischer TV herausgekommene  'überarbeitete und ergänzte' TB-Ausgabe seiner Studie auf S. 405f den Hinweis aufgenommen, dass der ehemalige Charitè-Dozent Prof. Dr.med. et phil. Arthur Kronfeld in seinem Exil die Homosexualität Hitlers, den er 1932 während des seinerzeit Aufsehen erregenden  Abel-Prozesses in München persönlich kennen gelernt hatte, in einer kleinen Studie über die herausragendsten Persönlichkeiten des Dritten Reiches m.d.T. 'Degenerierte an der Macht' [Degenerati u vlasti, Moskau 1941] öffentlich gemacht hat. Unter Berufung auf Angaben des ihm persönlich und beruflich bekannten und kurz nach Mitternacht am 25.3.1933 auf Befehl des homosexuellen SA-Führers Karl Ernst von Nazis ermordeten Hermann Steinschneider - 'Hanussen' - enthüllt er dabei auch die Namen zweier früher Sexualpartner Hitlers, just diesen Karl Ernst und den weiteren homosexuellen SA-Führer Edmund Heines, die später als angebliche Regimegegner ihrerseits beim Röhm-Massaker Anfang Juli 1934 ermordet wurden.

Kronfeld war eine der akademisch anerkannteren Autoritäten der Sexualwissenschaft in der Weimarer Republik, Mitbegründer und langjähriger Mitarbeiter des Instituts für Sexualwissenschaft von Magnus Hirschfeld in Berlin, Psychiater und weithin angesehener Psychotherapeut: nach seinen Angaben in der genannten Broschüre erhielt er viele seiner Kenntnisse aus Angaben von Patienten aus dem Mitarbeiterkreis hoher Nazigrößen, so dass seine Mitteilungen von besonderem Gewicht zu sein scheinen.

(Erinnerungsartikel zu Kronfelds 100. Geburtstag auf  http://www.sgipt.org/gesch/kronf.htm )


Patrick Ordys schrieb uns am 29.07.2005
Thema: Oliver Georgi: Hitler und seine Männer

Sehr geehrter Herr Kittel,

tatsächlich ist Ihr Hinweis von Interesse, doch ist nach der Lektüre von Machtans Buch Herrn Herrn Georgi zuzustimmen, dass quellentechnisch keine überzeugenden Hinweise für Hitlers Homosexualität existieren. Ex post wird zudem häufig übersehen, dass die damals herrschenden gesellschaftlichen Verhältnisse eben patriachalische waren und sich gerade die völkischen und rechtsradikalen Kreise, in denen sich Hitler und seine Gesinnungsgenossen beheimatet waren, nunmal dadurch auszeichneten, dass sie stärker als andere eine Männerdomäne waren. Dies scheint gerade vielen heutigen Beobachtern schwer verständlich, der Verdacht dort in Analogie zu Michael Kühnen oder Ernst Röhm Homosexualität zu vermuten mag nahe liegen, führt jedoch in den meisten Fällen zu keinem tieferen Verständnis der damaligen Verhältnisse. Diesem Irrtum (und dem Wunsch Aufsehen zu erregen) scheint Machtan aufgesessen zu sein. Viel interessanter bezüglich seines Bildes von Weiblichkeit sind dagegen die bei Brigitte Hamanns "Hitlers Wien" zu findenden Beschreibungen seiner verkrampften Beziehung zu Frauen - insbesondere in seinen frühen Jahren.

Mit freundlichen Grüßen
Patrick Ordys


Helmut Stiegler schrieb uns am 28.12.2008 als Antwort auf einen Leserbrief
Thema: Re: Oliver Georgi: Hitler und seine Männer

Wenn man sich nach der Lektüre von Machtan Hitler-Filmaufnahmen anschaut, dann fällt es einem doch wie Schuppen von den Augen. Warum Georgi nicht? Die politisch korrekte Wortwahl von "homoerotische Neigungen" anstelle von "homosexuell" sagt es wohl. Beruht "Wissenschaft" nicht letztlich auf Plausibilität?  Z.B., wie dem Kriegskameraden Mendt schrittweise die Glaubwürdigkeit abgeschnitten worden ist, spricht plausibel für Machtan und ist kein Gegenargument. Gibt es eine plausible Gegenthese, einen Gegenbeweis? Alles passt plötzlich zusammen. Man versteht "Mein Kampf " und das übrige, was man über den armen Teufel Hitler weiß.


Patrick Ordys schrieb uns am 04.04.2011 als Antwort auf einen Leserbrief
Thema: Re: Oliver Georgi: Hitler und seine Männer

Das überzeugt nun überhaupt nicht. Sie lesen mit Ihrer heutigen "Brille"Dinge in die Filme von gestern hinein. Das sind ahistorische Projektionen, hat aber nicht mit geschichtlicher Realität gemein, welche sich auf Quellen zurückführen lassen: Es gibt keine wie auch immer gearteten "Beweise" für Machtans Thesen. Wenn man es unbedingt so verstanden wissen möchte (so wie Machtan & Co), sind alle Diktatoren wie Stalin, Mao, etc. homosexuell. Es kommt doch nur darauf an, wo Sie Homosexualität ansetzen.