Ein Mann ist ein Rolls Royce

Vicki Baums witzig-ironische Komödie "Pariser Platz 13"

Von Rolf LöchelRSS-Newsfeed neuer Artikel von Rolf Löchel

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Das liebste Spielzeug des Mannes sei das Auto, heißt es. Das der Frau wäre demzufolge der Mann. Zumindest in Vicki Baums Komödie "Pariser Platz 13". Denn in ihr hält sich die erfolgreiche und moderne, die Neuen Frau eben einen Mann wie einen Rolls Royce. Dass dieses Wissen um die zwar nicht benzin-, aber testosterongefüllten Spielzeuge der Frauen nicht weiter verbreitet ist, mag daran liegen, dass Vicki Baums Stück zwar schon 1931 uraufgeführt wurde, aber jetzt erst zwischen zwei Buchdeckel gefunden hat.

Und siehe da, Vicki Baum, die zu ihrer Zeit berühmte Autorin so erfolgreicher Romane wie etwa "Die Welt ohne Sünde" (1923), "Stud. Chem. Helene Willfüer" (1929) oder "Liebe und Tod auf Bali" (1937) vor allem eines "Kolportageromans mit Hintergründen", der 1929 unter dem Titel "Menschen im Hotel" erschien und dessen Verfilmung bis heute ihren Ruhm begründet hat, hat also auch Theaterstücke geschrieben. Essays und - oft feministische - Feuilletons über Leben, Lieben und Leiden der Neuen Frau, ja, das wusste man wohl. Auch kannte man sie als Drehbuchautorin. Aber eine fürs Theater gedachte Komödie, dass dürfte für so manche doch eine Überraschung sein.

In "Pariser Platz 13", einem ebenso gescheiten wie witzigen Stück, klärt Baum über das Verhältnis der modernen Frau zu ihrem männlichen Luxusgefährt auf und führt die Schwächen und Nöte auch ihrer starken weiblichen Figuren vor, ohne sie jemals zu verraten. Gemeinsam mit all ihren Protagonistinnen und ihren wenigen Protagonisten (schließlich ist Männern der Zutritt zum Schönheitssalon am Pariser Platz strengstens untersagt) richtet die Autorin ein besonderes Augenmerk auf die Achillesferse all dieser Frauen: ihre Schönheit. Die nämlich scheint immerwährender Achtsamkeit und Pflege zu bedürfen. Denn schon "eine zu hell gepuderte Nase kann das Lebensglück kosten". Daher auch bildet ein entsprechender Salon den Schauplatz des Stücks.

Ein informatives Nachwort der Herausgeberin Julia Bertschik beschließt den Band unter anderem mit erhellenden Erläuterungen zu heute nicht mehr ohne weiteres unmittelbar deutlichen "Anspielungen und direkte[n] Zitate[n]" etwa aus Baums eigenen "affimierend-imagefördernden journalistischen Beiträge[n]" zum Thema. Einige von ihnen - seinerzeit in den Zeitschriften "Uhu" und "Dame" veröffentlicht - sind im vorliegenden Buch abgedruckt. Sie bieten amüsante Einblicke in "Kosmetik, Alter und Mode" der Zeit, beantworten die Frage, welche Frau am Begehrtesten ist, weisen die vermeintliche Entlarvung der Liebe durch die Entdeckung der "Chemie der Gefühle" zurück oder nehmen die Lesenden mit auf einen "Rundgang durch die Laboratorien einer neuen Wissenschaft", die der vertrauensvollen Dame die Möglichkeiten einer baldigen "Verjüngung" verspricht.

Wer es noch nicht wusste, kann sich nun auch anhand ihrer Komödie "Pariser Platz 13" davon überzeugen: Vicki Baum ist eine der ganz großen. Darum sollen hier auch nicht mehr viel Worte gemacht werden. Genauer gesagt nur noch eines: Lesen!


Titelbild

Vicki Baum: Pariser Platz 13. Eine Komödie aus dem Schönheitssalon und andere Texte über Kosmetik, Alter und Mode.
Herausgegeben und mit einem Nachwort versehen von Julia Bertschik.
AvivA Verlag, Berlin 2006.
220 Seiten, 16,50 EUR.
ISBN-10: 3932338278

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