Schlammfresser und Erdteufel

Bei Zoran Drvenkar ist nicht alles so, wie es aussieht

Von Georg PatzerRSS-Newsfeed neuer Artikel von Georg Patzer

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Heute gehen sie in den Wald, die vier Freundinnen. Und Zarah. "Oder hast du etwa Angst, Zarah?", fragt Anke. "Oder willst du lieber zu Hause bleiben?", fragt Berit. "Vielleicht wartest du lieber am Waldrand", schlägt Cordula vor. Und Dorothea will wissen: "Kommst du mit oder nicht?"

Natürlich kommt Zarah mit. Düster ist der Wald, überall stehen uralte Bäume herum, die sich ächzend im Wind bewegen. Teppichartiges Moos breitet sich auf Steinen und Felsen aus, knorrige Wurzeln ragen aus dem Erdboden hervor. Still ist es, nur manchmal ist ein Vogelruf zu hören. Unheimlich. Die vier Freundinnen singen vor sich hin, als wäre es ihnen egal. Nur Zarah lauscht und ist ruhig.

Erst erzählen die Freundinnen von Räuber Radek, der hier aufgehängt wurde und noch hängt. Dann klettert ein Eichhörnchen den Baumstamm hoch, und Anke erzählt Zarah vom Baumtroll Ogill: "Die Freundinnen machen Ihh und Ähh, und Zarah schaut in die Bäume und machte überrascht Ach." Weitere Monster begegnen ihnen, eine Kröte, aus der der Schlammfresser Feggel wird, ein Maulwurf, der sich in den Erdteufel Lappowick verwandelt - der ganze alte Wald wird zu einer Monsterwelt.

Zarah aber bleibt recht unbeeindruckt: "Ach", sagt sie immer wieder und wundert sich. Bis sich die Freundinnen so viele Schauergeschichten erzählt haben, dass sie vor einer kleinen Schafherde fast zu Tode erschrecken und doch noch froh sind, dass Zarah dabei ist.

In einem leichten, pfiffigen, ironischen Bilderbuch erzählt Zoran Drvenkar von der furchtlosen Zarah und den etwas gemeinen, leicht erschreckbaren Freundinnen, die Zarah ärgern wollen und am Schluss doch nur vor Angst davonlaufen.

Denn es ist nicht alles so, wie es aussieht. Nicht bei Zarah, die zu Hause noch ganz andere Freunde hat, die mit spitzen Zähnen und goldener Zunge nach einer Schallplatte tanzen, von der Decke hängen, Schlamm verspritzen und sie trösten: "Waren sie wieder gemein zu dir?" Auch in den Illustrationen von Martin Baltscheit geht es unerwartet und unheimlich zu. Da schlängeln sich die grünen Pflanzen über den Boden, dass es aussieht, als hätten sie fürchterliche Zähne und starrende Augen, das Maul weit aufgerissen und die Hände und Nasen gierig ausgestreckt. Ist das noch der Wald oder sind es doch schon die Monster? Die Realität ist eben nicht immer so wie es scheint, manchmal ist sie schrecklicher, aber manchmal ist auch der Schrecken gar nicht so groß. Und die bösen Kinder können einem keine Angst einjagen, wenn man mit dem Schlammfresser und dem Baumtroll sowieso schon zusammenwohnt.


Titelbild

Zoran Drvenkar: Zarah. Du hast doch keine Angst?
Berlin Verlag, Berlin 2007.
72 Seiten, 14,90 EUR.
ISBN-13: 9783827052490

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