Glückwunsch, Emma!

Die größte deutschsprachige feministische Zeitschrift feiert ihr 30-jähriges Bestehen mit einem Jubiläumsband

Von Rolf LöchelRSS-Newsfeed neuer Artikel von Rolf Löchel

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Sie könne Alice Schwarzer "einfach nicht mehr ernstnehmen", erklärte Lea Susemichel unlängst der linken Zeitschrift "Konkret" in einem Interview zum 25-jährigen Bestehen des in Österreich erscheinenden feministischen Magazins "an.schläge", für das sie als Redakteurin tätig ist. Besonders klug ist es nicht, anlässlich eines Jubiläums über die Konkurrenz herzuziehen. Und dass die Kollegen der "Konkret" die Gelegenheit genutzt haben, aus ihrer Aussage flugs die Überschrift "'Emma' kann ich nicht ernst nehmen" zu bastelt, dürfte Susemichel eigentlich nicht überraschen.

Auch die Gescholtenen selbst konnten jüngst ein Jubiläum feiern. "EMMA" wurde dreißig. Die Jubilarinnen waren allerdings so klug - oder vielleicht auch einfach nur professionell genug - dies ganz ohne Seitenhiebe gegen die innerfeministische Konkurrenz zu tun und legten einfach einen ansehnlichen Jubiläumsband vor.

Das Buch ist eine Gemeinschaftsproduktion von Margitta Hösel und Alice Schwarzer und kann, wie letztere im Vorwort einräumt, angesichts von bis dato 22.924 "EMMA"-Seiten, die es auf 456 Seiten des Buches zu komprimieren galt, nur "Schlaglichter" auf die bisherige Geschichte der Zeitschrift werfen. Schlaglichter, die deutlich machen, dass die "Erfüllung" des feministischen Anliegens, "trotz gewaltiger Fortschritte" noch immer "nicht in Sicht" ist.

Sinnvollerweise ist der Band sowohl chronologisch als auch thematisch geordnet. In den thematischen Abschnitten kann man Interviews und Artikel zum Islam nachlesen, zur Sexualpolitik, Körperfragen, Männern oder Witze aus den humoristischen Seiten von "EMMA". Wie nicht anders zu erwarten, kann man nicht mit allem konform gehen. Nicht unbedingt einzuleuchten vermag beispielsweise, dass die "Geburtsstunde" der neuen deutschen Frauenbewegung auf den 12. März 1972 verlegt wird. Denn es ist müßig, die Geburtsstunde von Bewegungen zu bestimmen, die schließlich nicht einfach plötzlich da sind, sondern über einen längern Zeitraum hinweg entstehen. Und wenn man unbedingt eine Geburtsstunde ausmachen will, käme der Tag, an dem 1968 die Tomaten flogen, doch wohl eher in Betracht. Aber das macht nichts. Zumal der Rückblick auf die Anfänge nicht nur für Nachgeborene erhellend ist und ganz ohne nostalgische Brille auskommt, sondern im Gegenteil durchaus (selbst-)kritisch wirkt. Da nimmt man denn auch Schwarzers gelegentlichen Eitelkeiten - etwa im Vorwort - ohne Murren in Kauf.

Bedauerlich ist allerdings, dass oft nur Auszüge aus den "EMMA"-Texten abgedruckt wurden, so etwa aus dem wunderbaren Gespräch der beiden österreichischen Literatinnen Elfriede Jelinek und Marlene Streeruwitz.

Der reichbebilderte Band vermittelt auch eine Vorstellung des visuellen Auftritts der Zeitschrift, und das nicht nur, weil sämtliche Titelbilder - wenn auch nur im Kleinformat - abgedruckt sind. So würde er sich bestens dazu eigenen, auf dem Sofa liegend in ihm zu blättern und zu schmökern, wären da nicht dieses unförmige Format und sein Riesengewicht, das man kaum zu halten vermag und das einem daher unangenehm auf den Brustkorb drückt! Aber andererseits hätte es sonst auch nicht dieses schöne Buch werden können, das, wie Schwarzer hofft, Lust zum Weiterlesen machen wird. Ja, das macht es zweifellos, und dazu hat man ja sechs Mal im Jahr Gelegenheit.


Titelbild

Alice Schwarzer (Hg.): Emma. Die ersten 30 Jahre.
Heyne Verlag, München 2007.
456 Seiten, 49,90 EUR.
ISBN-13: 9783899103588

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