Trust me. I'm a doctor

Eckart von Hirschhausen schreibt und gehört doch als Kabarettist auf die Bühne

Von Martin SpießRSS-Newsfeed neuer Artikel von Martin Spieß

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Wenn Kabarettisten versuchen, auch in Büchern - also abseits der Bühne - witzig zu sein, geht das meist gehörig in die sprichwörtliche Hose. Und dann nicht nur so ein Verlegenheitströpfchen, das man auf der nächsten öffentlichen Toilette mit ein bisschen Wasser und Toilettenpapier zum Bremsstreifen umarbeiten kann. Nein: Es geht in brockigem Brei durch Unterwäsche und Hose und staut sich von den Strümpfen bis hoch zum Hemdkragen.

Jetzt auch, sogar schon mit Buch Nummer zwei, Dr. Eckart von Hirschhausen, einem größeren Publikum bekannt durch Kurzauftritte bei "Schmidt & Pocher". Der promovierte Arzt Hirschhausen, der Medizin und Wissenschaftsjournalismus studiert hat, ist seit 15 Jahren Kabarettist und seit einiger Zeit regelmäßig bei Harald Schmidt zu Gast. In fünf bis zehn Minuten unterhält Hirschhausen dann das Studiopublikum mit Anekdoten aus der Welt der Medizin. Und die sind, nicht zuletzt wegen Hirschhausens infektiösem Charme, wirklich lustig.

Aber er ist eben auch neben der Bühne tätig. Im letzten Jahr erschien bei Langenscheidt der Ratgeber "Arzt-Deutsch, Deutsch-Arzt" und landete auf Platz vier der "Spiegel"-Bestsellerliste. "Die Leber wächst mit ihren Aufgaben" heißt das neue Buch, erschienen ist es beim Rowohlt Taschenbuch Verlag. Auf dem Cover ist Hirschhausen in ironisch gebrochener Denkerpose abgebildet, er trägt Manschettenknöpfe mit dem Text "Trust me" und "I'm a doctor". Außerdem auf dem Cover: der Fake-Aufkleber, auf dem "Ohne Vorwort von Harald Schmidt" steht. Das wunderbar wortspielende "Fast-Vorwort" beginnt dann auch mit den Worten: "Vorwörter liest doch eh keine Sau" und endet mit "Harald Schmidt, im April 2008, vor Diktat verreist".

Bis dahin macht das Buch auch wirklich Laune. Schließlich kennt man Hirschhausen durch Schmidt, der auch gleich auf dem Cover und im Vorwort auftritt. Mit der Lektüre der Texte aber beginnt die am Anfang so ansehnlich scheinende Fassade zu bröckeln. Denn Kalauer auf Kalauer mischt sich da in die Ausführungen. Es kommt zwar immer wieder vor, dass da ein Witz aufscheint, der einem die Lachmuskeln massiert. Und das ist - liest man das Buch in Bus und Bahn - doppelt komisch. Aber platte Pointen sind leider in der Überzahl. Im Zusammenhang mit Fußball heißt es da etwa: "Köpfen ist nicht gut fürs Gehirn, das ist doch schon lange bekannt - spätestens seit der französischen Revolution".

Das Problem ist nicht, dass Hirschhausen schlechte Witze macht. Es ist nur so, dass all die Kalauer und platten Pointen abseits der direkten Kabarettist-Publikum-Situation schlicht nicht funktionieren. Der Witz mit der Französischen Revolution auf der Bühne? Vielleicht kein Kracher, zumindest aber ein Lacher. So wie wahrscheinlich 90 Prozent der Gags in "Die Leber wächst mit ihren Aufgaben" auf der Bühne Kracher oder Lacher wären. Kabarettistische Komik in Buchform aber ist schwer an den Leser zu bringen. Man braucht ein Gefühl für das Publikum. Wie kommt an, was ich mache? Muss ich umdisponieren? Und ganz allgemein: In Buchform lassen sich die Pausen schwer realisieren, die man auf der Bühne zwischen zwei Pointen verstreichen lassen muss.

Ein Beweis dafür, dass Bühnenhumor auch gedruckt funktioniert, ist "Die Leber wächst mit ihren Aufgaben" beileibe nicht. Hirschhausens Esprit, seine Performanz und nicht zuletzt sein bereits erwähnter Charme fehlen dem Buch. Zum Glück aber bleibt der Kabarettistenkot dem Hirschhausen`schen Hemdkragen fern. Dann bis zum nächsten Mal, auf der Bühne.


Titelbild

Eckart von Hirschhausen: Die Leber wächst mit ihren Aufgaben. Kurioses aus der Medizin.
Rowohlt Berlin Verlag, Berlin 2008.
224 Seiten, 9,95 EUR.
ISBN-13: 9783499623554

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