GENderZUKUNFT - Ein Sammelband über Transformationen feministischer Visionen in der Science Fiction

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Ende des vergangenen Jahrhunderts konstituierte sich im "Zentrum für Gender Studies und feministische Zukunftsforschung" der Philipps-Universität Marburg der "Arbeitskreis Zukunft". Rund 30 Jahre nach Beginn der Neuen Frauenbewegung ging er der Frage nach, wie es wohl in weiteren 30 Jahren um die Sache der Frauenemanzipation bestellt sein würde. Frucht der Bemühungen war eine Delphi-Studie, in der die Prognosen feministischer Wissenschaftlerinnen, Frauenbeauftragter und andere Expertinnen ausgewertet wurden. Zudem wurden einige wissenschaftliche Autorinnen dafür gewonnen, das Wagnis zu unternehmen, ihr angestammtes Gebiet zu verlassen und sich auf das Terrain der literarischen Produktion zu wagen. Die von ihnen entworfenen Szenarien möglicher Geschlechterverhältnisse im Jahr 2034 bilden gemeinsam mit der Delphi-Studie den 2004 erschienenen Band "Zukunftsbilder".

Unter dem Titel "genderzukunft" hat der Arbeitskreis nun seine zweite Buch-Publikation vorgelegt. Durch die Zukunftsszenarien des ersten Bandes angeregt, war er weiter auf dem "'phantastischen' Weg" vorangeschritten und hatte sich in den vergangenen Jahren mit der "Transformation feministischer Visionen in der Science Fiction" befasst. Wie Karola Maltry in der Einleitung erläutert, verweist das Wortspiel des Titels auf zwei zentrale Themen des Buches: auf die Zukunft von Gender und auf die der Gentechnologie.

Nachdem Maltry sich "wider die Hoffnungslosigkeit" ausgesprochen und das neue Vorhaben näher begründet hat, betrachtet Nina Köllhofer "Bilder des Anderen" und bietet einen Abriss der Entwicklung der feministischen Science-Fiction-Literatur in den letzten 30 Jahre sowie der mit ihr einhergehenden wissenschaftlichen Debatte. Barbara Holland-Cunz nimmt sodann "Transformationen der feministischen Dystopien seit den 1970er Jahren" in den Blick und verdeutlicht von Oktavia Butlers "Xenogenesis-Triologie" ausgehend, dass und wie sich der feministische Diskurs vom Utopischen zum Dystopischen verschoben habe.

Unter dem Titel "Männer, Frauen, Neuters" geht Rolf Löchel den Geschlechterkonstruktionen in drei feministischen Science-Fiction-Romanen des noch jungen Jahrhunderts nach: Carolyn Ives Gilmans "Halfway Human", Margaret Atwoods "Oryx und Crake" und Tricia Sullivans "Maul". Andrea Geier untersucht am Beispiel von Marlene Streeruwitz' Gothic SF-Novel "Norma Desmond" die "Motive der Kreuzung und des Wiedererkennens in der Science Fiction". Dagmar Fink befasst sich mit dem Bild der "Femme als kritische Aneignung von Weiblichkeit" in Melissa Scotts queer-feministischem Science-Fiction-Roman "Trouble and her Friends". Jutta Weber interessiert sich für "Technoimaginationen des Humanoiden zwischen Fiktion und Dienstleistungsökonomie" und Susanne Mauerer schließlich schlägt einen "Genre-Wechsel" vor, wobei sie die Grenze der Science Fiction überschreitet, um den "Ort des Utopischen" im feministischen Kriminalroman zu suchen.

Abgerundet wird der Band durch ein "Protokoll der verdeckten Polizei zur Wahrung der ökonomischen Ordnung", das Carl Sulz und Christian Betz im Rahmen eines Seminars bei Barbara Holland-Cunz erdachten.

Anmerkung der Redaktion: literaturkritik.de rezensiert grundsätzlich nicht die Bücher von regelmäßigen Mitarbeiter / innen der Zeitschrift sowie Angehörigen der Universität Marburg. Deren Publikationen können hier jedoch gesondert vorgestellt werden.


Titelbild

Karola Maltry / Barbara Holland-Cunz / Nina Köllhofer / Rolf Löchel / Susanne Maurer (Hg.): GENderZUKUNFT. Zur Transformation feministischer Visionen in der Science Fiction.
Ulrike Helmer Verlag, Königstein/Taunus 2008.
238 Seiten, 19,90 EUR.
ISBN-13: 9783897412347

Weitere Rezensionen und Informationen zum Buch