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"Herr Susi"

Von Patricia NickelRSS-Newsfeed neuer Artikel von Patricia Nickel

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Georg Susaceck, zu seinem Unbehagen Herr Susi genannt, will etwas aus seinem Leben machen. Für Herrn Susi zählt einzig und allein der Erfolg. Angefangen als kleiner Angestellter bei einer Versicherungsanstalt, betrügt er, verhält sich feige und läßt sich von seinem Kollegen bestechen. Dieser droht ihm, dem Chef der Versicherungsanstalt von seiner vorbestraften Vergangenheit zu erzählen, und so betrügen beide gemeinsam in versicherungstechnischen Angelegenheiten. Später bringt Susi diesen Kollegen zum Schweigen. Äußerst charmant, witzig und gutaussehend wird er zum angesehensten Mann seiner österreichischen Heimatstadt. Dies gelingt ihm natürlich nur durch Intrigen und Kontakte zu den Honorationen der Stadt, an die er nur mit Hilfe seiner gutaussehenden Frau Lori gelangt. Diese, ihm völlig hörig, demütigt, schlägt und betrügt er mit ihrer besten Freundin.

"Ich langte ihr eine, fester als ich sie jemals geschlagen hatte". Seine Kinder schiebt er an die Großeltern ab. Auch so scheint Herr Susi ein Mann zu sein, dem man richtig gerne haben kann. Er benötigt keine Liebe, ist extrem oberflächlich und verdrängt den leisesten Anflug von Emotionen durch seinen enormen Alkoholkonsum. Es zählt nur der Bekanntheitsgrad und sein Vorwärtskommen in der "feinen" Gesellschaft der Stadt. Später macht sich Susi mit Metzel, einem sehr erfolgreichen Immobilienmakler, bekannt, bei dem Alten lernt Georg wie das Geschäft läuft. Im Fußballgeschäft schließlich wittert er seine große Chance: "Nichts auf der Welt erschien mir in diesem Moment erstrebenswerter. Der Präsident des FC war der Mittelpunkt der Welt. Ich werde alles unternehmen, um das zu erreichen." Fußball ist neben Susis Bestreben nach Erfolg die zweitwichtigste Sache in seinem armseligen Leben, und es gelingt ihm Präsident des heimischen FC zu werden, sicherlich nur durch ein abgekartetes Intrigenspiel Der Protagonist ist eben gerissen, selbstsüchtig und spielt gerne seine Überlegenheit gegenüber seinen Mitmenschen aus. " Du erinnerst mich an eine unroutinierte Mannschaft, die immer offensiv spielt, egal wie das Spiel steht."

Als wohlwollender Initiator einer Spendenkampagne zum Kauf eines sehr talentierten Spielers, stellt er sich ins Rampenlicht des Fußballebens. An der ersten wirklich eindrucksvollen Stelle im Buch, als ein Journalist nach Susis Verhältnis zu Sedlak forscht, lässt die Spannung auch schon wieder nach, weil der Autor die Situation einfach einschlafen lässt.

Herr Susi ist von Grund auf schlecht und wird damit niemals glücklich - wie auch?! Der chauvinistische, seine Frau prügelnde, spielsüchtige Alkoholiker, - na wenn da nicht alles dabei ist -, soll eine Satire unserer Gesellschaft darstellen, doch besonders empirisch geht der Autor dabei nicht vor.

Als gelungen sei hier die stetige Gegenüberstellung der einzelnen Szenen genannt. Einerseits behandelt diese Susis Leben vor seinem Aufstieg, zu der Zeit, als er noch ein ganz kleiner Mann war, als er sich in Lori verliebt hat und dem alten Immoblienmakler Metzel in den Hintern gekrochen ist. Auf der anderen Seite beschreibt der Autor das Leben des Yuppies Susi, das ihm scheinbar alles gibt: Geld, Frauen, Popularität und seine "Freunde", die die wichtigsten Männer der Stadt sind. Dies reicht ihm aber nie vollkommen, immer will er mehr, bis zu dem Punkt an dem er den nahenden Untergang fühlt.

Die beiden Handlungsstränge, Susis Aufstieg und sein gegenwärtiges Leben, werden geschickt zusammengeführt. Überfrachtet wird das Geschehen durch anstößige Nebenhandlungen: Sex mit Jugendlichen, Prostitution und Drogenkonsum. Die Frage stellt sich, ob dies der geeignete Weg ist um eine Gesellschaftskritik satirisch zu verpacken. Die Erzählweise des Romans neigt zu knapp formulierten Sätzen, durch viel Umgangssprache soll sie gelöst und locker werden. Diverse Austrazismen (z.B. "gekitschkerlt") sollen die Geschichte realer wirken lassen, doch all das irritiert und ermüdet.

Der junge österreichische Autor Thomas Glavinic hat in diesem Roman den Versuch gestartet eine Rundum - Gesellschaftskritik zu schreiben, wobei er das Geschäft mit dem Fußball zum Hauptthema avanciert. Hierbei verarbeitet er alle nur möglichen Klischees. So auch der Schluß des Romans, an dem der Autor den Leser in die Realität zurückwirft, indem er seinem "Heideschatzi" folgende Sätze zu zurufen scheint: "berühmt werde ich mit diesem Buch auf alle Fälle." Ob Glavinic als guter Autor berühmt wird steht wohl eher auf einem anderen Blatt

Titelbild

Thomas Glavinic: Herr Susi.
Verlag Volk & Welt, Berlin 2000.
256 Seiten, 16,40 EUR.
ISBN-10: 3353011528

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