Damit die jungen Leute schnellstmöglich in der Wirtschaft aushelfen können - Ulrich Kittsteins Büchlein über "Bertolt Brecht" in der Reihe "Profile"

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Der spannende Einstieg in den vorliegenden Hinweis entfällt. Denn der erste Satz in Ulrich Kittsteins "Profil"-Bändchen zu einem Schriftsteller, von dem Bachelor-Studierende zumindest gehört haben sollten, bevor sie ihr Examen ablegen, ist ja auch nicht sonderlich einfallsreich: "Bertolt Brecht (1898-1956) war einer der wichtigsten und vielseitigsten Autoren des 20. Jahrhunderts."

Das ist sicher richtig. Und Kittstein ist auch gar kein Vorwurf zu machen. Der Germanist von der Uni Mannheim folgt bestimmt bloß den verlegerischen Vorgaben, und die wiederum orientieren sich an den Entwicklungen des deutschen Bildungssystems, das seinerseits nur macht, was der Bologna-Prozess ohnehin verlangt. Dabei heraus kommen jetzt immer mehr in Nullkommanix auf den Markt geworfene Broschüren, die Lernstoff knappestmöglich aufbereiten sollen, damit die Absolventen modularisierter Studiengänge auch wissen, von wann bis wann jemand wie Brecht gelebt hat. Und siehe da, das steht bei Kittstein tatsächlich alles drin, und zur Sicherheit hat das Büchlein über den marxistisch orientierten Schriftsteller auch noch einen sogenannten "Serviceteil" mit einer "Zeittafel zu Leben und Werk" sowie den üblichen Registern.

Jetzt mal ehrlich: Eine solche konzise Verknappung des Stoffs suchte man früher, als unsereins Abitur machte, vergeblich. Da muss man gar nicht viel lesen, das geht ganz schnell, und hinterher ist man orientiert. Und da das, was man früher Abitur nannte, jetzt an die Uni delegiert worden ist, muss dort einiges an Zeit aufgeholt werden, damit die vielen jungen Leute schnellstmöglich der armen, kaputten Wirtschaft aufhelfen können. Sie sollen ja, deshalb hat man sich das alles schließlich ausgedacht, verwertbar sein und nicht mehr länger unnötigen Gedanken nachhängen. Was Brecht, um den es hier geht, zu alledem gesagt hätte, spielt keine Rolle mehr. Zumal es ja auch noch Daniel Kehlmann gibt, über den man sicher bald ebenfalls so eine Einführung schreiben beziehnungsweise lesen darf.

J.S.


Titelbild

Ulrich Kittstein: Bertolt Brecht.
UTB für Wissenschaft, Stuttgart 2008.
100 Seiten, 9,90 EUR.
ISBN-13: 9783825230302

Weitere Rezensionen und Informationen zum Buch