Fast keine Grenzen

Maximilian Dorners bewegendes Buch "Lahme Ente in New York"

Von Martin SpießRSS-Newsfeed neuer Artikel von Martin Spieß

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Das Leben des Münchners Autors Maximilian Dorner hat sich, seit bei ihm die Nervenkrankheit Multiple Sklerose diagnostiziert wurde, grundlegend verändert. Sein Körper weist seinem Geist jetzt Grenzen auf, die vorher nicht da waren. Ganz so einfach will Dorner es seinem Körper allerdings nicht machen. "Die Grenzen meines Körpers sind nicht die Grenzen meiner Welt", schreibt er und macht sich auf den Weg, als zur Langsamkeit gezwungener Mensch, in die schnellste Stadt der Welt. Die Stadt, die niemals schläft.

"Lahme Ente in New York" heißt das neue Buch, und es ist quasi eine Fortsetzung von "Mein Dämon ist ein Stubenhocker": dem Tagebuch, in dem Dorner sich mit der Tatsache auseinandersetzt, plötzlich behindert zu sein und akzeptieren lernen zu müssen, dass manche Dinge nicht mehr gehen. Mit dem Akzeptieren allerdings ist es bei Dorner nicht weit her: Er lässt sich nicht vorschreiben, was er kann und was nicht. Und so sind die vier Wochen New York, die er in "Lahme Ente in New York" beschreibt, eine Trotzreaktion. Sie sind der Versuch, weiterhin "normal" zu sein, wenngleich man es eigentlich nicht mehr ist. Der Autor versucht, so viele Wege wie möglich zu Fuß zurückzulegen, immer im Blick die Frage, wie man als langsamer Mensch in New York zurecht kommt.

Die Reise von Maximilian Dorner ist ein Experiment, das an Charme kaum zu überbieten ist. Er ist zwar auch Tourist, der sich Sehenswürdigkeiten ansieht, im Central Park spazieren geht oder am Strand von Coney Island sitzt. Er ist aber auch der Mann mit dem Gehstock. Der sich vorgenommen hat, gegen die Widerstände seiner Krankheit und die - meist gutgemeinten - Ratschläge von Familie und Freunden anzugehen. Was er wahrscheinlich selbst nicht erwartet hat ist, dass er sich in New York mit sehr viel weniger Schwierigkeiten konfrontiert sieht als in Deutschland. Die Menschen sind offen, hilfsbereit und freundlich und wenn nicht immer, so findet er zumindest oft eine Bank, auf die er sich zum Ausruhen niederlassen kann.

Schon in "Mein Dämon ist ein Stubenhocker" hat Dorner auf eine empfindsame Weise aus seinem von der Multiplen Sklerose überschatteten Leben erzählt. Auch in "Lahme Ente in New York" erschafft er einen Ton, der dem Leser auf eine Weise Empathie abverlangt, dass dieser sich am liebsten neben Dorner auf einer Bank im Central Park niederlassen will. Frei von Pathos, frei von falschem Mitgefühl. Einfach so, ein bisschen sitzen. Und ihm vielleicht aufhelfen. Wenn er - was man nicht glaubt - die Hilfe braucht.


Titelbild

Maximilian Dorner: Lahme Ente in New York. Roman.
Malik Verlag, München 2009.
185 Seiten, 16,95 EUR.
ISBN-13: 9783890297460

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