Lauter Häppchen

Michael Palin reist durch Osteuropa

Von Georg PatzerRSS-Newsfeed neuer Artikel von Georg Patzer

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Ein unermüdlicher Reisender ist Michael Palin. Von der BBC immer wieder durch die Welt geschickt, machte er sich vor vielen Jahren auf, die Erde in 80 Tagen zu umrunden. Dann reiste er einmal um den Pazifik, von Pol zu Pol, und anschließend ging es durch Europa: „Wie ein Engländer einen alten Kontinent neu entdeckt“ ist der etwas reißerische Untertitel des neuen Buchs von ihm.

Und der ist leider falsch. Denn es geht nur um den Osten Europas: Tschechien, die Slowakei, Ungarn, Rumänien, Bulgarien, Serbien, Russland, die Ukraine, Estland, Lettland, Litauen, Moldawien, die Türkei und sämtliche Balkanstaaten. Sei’s drum: Es sind allesamt spannende Länder, gefährlich, mit einer reichen Geschichte und fast völlig unbekannt (da stimmt dann das „entdeckt“ ein bisschen). In 123 Tagen macht er diese „grand tour“ eines modernen Engländers.

Leider macht er das so, wie er auch die anderen Touren um die Erde unternommen hat – im Schweinsgalopp. Und so serviert uns Palin ein Häppchen nach dem anderen: Am zweiten Tag ist er in Bled, „ein malerisch gelegener, beschaulicher Ort, wie er auch Mönchen oder Diktatoren gefallen könnte, die den Wirrungen der realen Welt entfliehen wollten. In diesem Fall war es tatsächlich ein Diktator, der sich den gewaltigen Kasten im Jahr 1947 errichten ließ, Josip Broz, auch bekannt als Marschall Tito, einer der Giganten und Gigantomanen des Nachkriegskommunismus“.

Mit einem Theaterregisseur schippert er über den Fluss. Am dritten Tag sitzt er im Zug, der von der Grenzstadt Jesenice, an der Save entlangfährt und redet mit Boris, einem Fahrgast, der zu berichten weiß, dass die Leute in Istrien nie im Krieg waren und dass das Wasser dort sehr blau ist. Am vierten Tag ist er in Istrien: „Istrien ist berühmt für seine Trüffel“, berichtet Palin.

Und in diesem Plauderton geht es durch ganz Osteuropa. Nirgendwo verweilt Palin länger, nirgendwo freundet er sich wirklich mit Menschen an, nirgendwo hat er irgendetwas Tiefschürfendes zu berichten – etwas, das über die besseren Reiseführer einmal hinausgeht. Immer tippt er nur ein bisschen an, ein Schicksal blitzt auf, eine tragische oder komische Geschichte erscheint – und schon ist er wieder weitergehetzt, zur nächsten Station seiner doch etwas arg flotten Reise. Natürlich setzen sich die Steinchen auch zu einem Mosaik zusammen, aber es bleibt ein zerfetztes Mosaik mit sehr vielen Löchern. Ein zusammenhängendes Bild, eine richtige, lebendige Geschichte ergibt sich in seinem Buch leider nirgendwo.

Titelbild

Michael Palin: Europareise. Wie ein Engländer einen alten Kontinent neu entdeckt.
Übersetzt aus dem Englischen von Ulrike Frey.
Malik Verlag, München 2009.
400 Seiten, 22,95 EUR.
ISBN-13: 9783890293615

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