Mondgöttinnen – tragische Ungeheuer in weiblicher Gestalt

Ein Band der Reihe „Film-Konzepte“ setzt drei französische Schauspielerinnen ins rechte Licht

Von Rolf LöchelRSS-Newsfeed neuer Artikel von Rolf Löchel

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

„3 Frauen“? Das ist doch ein Film von Robert Altman? – Genau. Aber es ist auch der Titel eines Buches. Und da es sich um ein Film-Buch handelt, ist er natürlich eine Anspielung auf Altmans cineastisches Werk. Zugleich hätte er schwerlich von lapidarerer Sachlichkeit sein können. Denn die Beiträge des von Thomas Koebner und Fabienne Liptay als siebter Band der „text + kritik“-Reihe „Filmkonzepte“ herausgegebenen Buches befassen sich mit drei Frauen. Und die haben zumindest drei Gemeinsamkeiten. Sie sind Schauspielerinnen, kommen aus Frankreich und beherrschen ihr Metier bravourös: Jeanne Moreau, Catherine Deneuve und Isabelle Huppert. Sie alle setzten dem im französischen Kino insbesondere von Brigitte Bardot verkörperten „Typus des lebensfrohen, sinnlichen heiter verführerischen Mädchens“ des öfteren „tragische Ungeheuer in weiblicher Gestalt“ entgegen, wie Koebner in seinen „Stichworte[n] zur Einleitung“ anmerkt. Jeanne Moreau drückte es unlängst zwar etwas poetischer aus, indem sie Bardot als „Sonnenwesen“ bezeichnete, dem gegenüber sie selbst eher die „Seite des schwarzen Mondes“ repräsentiere. Zutreffend aber ist beides.

Natürlich macht der Herausgeber nicht nur Gemeinsamkeiten, sondern auch unterschiedliche Stärken der drei Schauspielerinnen aus. Moreau könne „das Bösartige und Zerstörerische in vielen Rollen zum Selbstzweck steigern“, Deneuve habe ihre Figuren vom Opfer in Polanskis „Ekel“ (1965) hin zur Täterin und „kaltblütigen Gattenmörderin“ in Buñuels „Tristina“ (1970) entwickelt und Huppert lasse „scheinbar angepasste kleine Mädchen“ zu „wahren Rebellin[nen]“ heranwachsen.

Die Beiträge selbst wenden sich anders als Koebner in der Einleitung meist jeweils einer der drei Schauspielerinnen und ihren Filmen zu, ohne sie zueinander in Beziehung zu setzen oder sie miteinander zu vergleichen. Susanne Marchall, Gert Sautermeister, Marcus Stiglegger und Julia Gerdes beleuchten Jeanne Moreau und ihre Filme, das Interesse von Anette Kaufmann gilt Catherine Deneuve. Ursula Vossen, Tina Brüggemann und Miriam Fuchs widmen sich Isabelle Huppert. Nur Michelle Koch vergleicht die „Ausbruchsversuche aus dem bürgerlichen Dasein“ der von den Aktricen dargestellten Figuren miteinander. Vielleicht ist es gerade das, was ihn besonders interessant macht. Dies sei gesagt, ohne die Beiträge der anderen AutorInnen zurückstellen zu wollen. Denn mit „3 Frauen“ liegt ein weiterer erhellender Band der Reihe „Film-Konzepte“ vor. Kritische anzumerken bleibt vielleicht nur, dass Tina Brüggemann Ingeborg Bachmanns literarische Vorlage für Werner Schroeters Film „Malina“ nicht ganz gerecht wird und sich ihr die autobiografische Lesart des Romans wie auch des ganzen „Todesarten“-Projekts zum Tunnelblick auf das komplexe Werk der österreichischen Schriftstellerin zu verengen droht.

Titelbild

Thomas Koebner / Fabienne Liptay (Hg.): 3 Frauen. Moreau, Deneuve, Huppert.
edition text & kritik, München 2007.
107 Seiten, 14,00 EUR.
ISBN-13: 9783883778914

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