Sprachartist, Lebenslügen-Analytiker, Gesellschaftskritiker – Peter Münders Biografie über Harold Pinter

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Die Handlung von Harold Pinters „Caretaker“ ist schnell erzählt: Drei Figuren, die sich in ihre Lebenslügen und grotesken Traumwelten flüchten, mit verbalstrategischen Manövern alle direkten Kontaktversuche abblocken und sich selbst keine Blößen geben wollen, weil sie immer irgendetwas zu verbergen haben. Doch das Ganze ist mit einer so grandiosen, einfühlsamen und subtilen Sprachartistik dargestellt, dass man hier einen jüngeren Bruder Anton Tschechows als Autor vermuten konnte. Im Gegensatz zu Martin Esslins Thesen über Pinter als Vertreter des absurden Theaters hält Peter Münder gerade die grotesk-maliziösen, sehr zielorientierten Kommunikationsstrategien der frühen Einakter neben der „Geburtstagsfeier“ und der „Heimkehr“ für interessant. Er stellt den brillanten Analytiker des Subtextes in den Vordergrund, der die Sehnsüchte und emotionalen Schwachstellen seiner Figuren hinter rhetorischen Ausweichmanövern versteckt, die sich dem Zuschauer und Leser erst beim genauen Hinhören und Hinsehen erschließen.

Peter Münder hat in Londonderry, Nord-Irland, an der FU Berlin und in Hamburg Anglistik, Germanistik und Philosophie studiert. Er promovierte über „Harold Pinter und die Problematik des absurden Theaters“, unterrichtete als DAAD-Lektor an der Deutschen Abteilung der Chulalongkorn-Universität in Bangkok.

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Titelbild

Peter Münder: Harold Pinter. Monographie.
Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg 2006.
159 Seiten, 8,50 EUR.
ISBN-10: 3499506947
ISBN-13: 9783499506949

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