Die deutsche Sprache will gelernt sein – aber wie?

Hans-Werner Huneke und Wolfgang Steinig haben mit „Deutsch als Fremdsprache. Eine Einführung“ ein bemerkenswert umfangreiches Lehrbuch geschrieben

Von Anabell SchuchhardtRSS-Newsfeed neuer Artikel von Anabell Schuchhardt

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

„Deutsch ist Muttersprache von 102 Millionen Menschen.“ Doch auch als Fremdsprache wird es auf allen Kontinenten der Erde von etwa 16 Millionen gelernt. Aber wie und von wem wird Deutsch als Fremdsprache (DaF) überhaupt unterrichtet?

Zum einen gibt es natürlich auch im Ausland die Möglichkeit eines Germanistikstudiums, um anschließend in diesem Bereich zu lehren. Oftmals sind es jedoch tatsächlich Deutsche, die sich in die Ferne begeben, um ihre Muttersprache zu verbreiten. Daher gibt es mittlerweile an über 50 Universitäten in Deutschland die Möglichkeit DaF – in einem Lehramtsstudium ergänzend, in ein Germanistikstudium integriert oder aber auch als vollständigen Master-Studiengang – zu belegen. Hierbei werden nicht nur didaktische Methoden sondern auch interkulturelle Kompetenzen vermittelt.

Hans-Werner Huneke und Wolfgang Steinig, zwei Professoren aus Siegen und Freiburg, richten sich nun mit ihrem Buch „Deutsch als Fremdsprache. Eine Einführung“ an diese „angehenden Lehrer des Faches Deutsch als Fremdsprache sowie an praktizierende Kolleginnen und Kollegen im In- und Ausland“. Der Schwerpunkt wird allerdings auf die „Vermittlung der Fremdsprache Deutsch im Unterricht“ gelegt, nicht auf die „Hochschuldisziplin“. Dieses Vorhaben äußert sich insbesondere in der praxisnahen Themenwahl. Die zugrundeliegenden Theorien werden nur so weit referiert wie eben nötig. Das Buch bereitet somit auf die Praxis der Vermittlung von Deutsch als Fremdsprache im Unterricht vor.

1997 erstmals erschienen, ist dieses nun bereits die fünfte Auflage dieser Einführung. Und dass eine Aktualisierung sowie eine damit verbundene Weiterentwicklung des Textes stattgefunden hat, zeigt sich an vielen Stellen. Vor allem die auf das Internet bezogenen Passagen bezeugen, dass eine zeitgemäße Überarbeitung vorliegt. Des Weiteren finden sich aktuelle Hinweise auf weiterführende Literatur oder auch Ausblicke an den Kapitelenden. Besonders gut gelungen ist dabei, dass die bibliografischen Angaben nicht einfach nur abgedruckt sind, sondern stets kommentiert beziehungsweise kontextualisiert werden. Das erleichtert die Auswahl zur eigenen Vertiefung der Kentnisse. Ebenso hilfreich: Die Zusammenfassung am Ende von bestimmten Kapiteln, markiert durch einen grauen Kasten. Mit wenigen Worten findet der Leser hier die wichtigsten Aspekte des vorhergegangenen Inhaltes noch einmal umrissen.

Einige Abschnitte der Publikation beziehen sich nicht nur auf das Lernen der deutschen Sprache, sondern thematisieren Probleme des Fremdsprachenlernens allgemein. Vor allem wichtig ist dabei der Aspekt, dass es nicht einfach nur ein fertiges Schema für den Unterricht in einer Sprache geben kann: Huneke und Steinig weisen darauf hin, dass Lernen noch ganz anderen Aspekten unterliegt als der Frage, welche Sprache man nun erlernen möchte. So haben etwa Schüler, die wegen einer beruflichen Perspektive Deutsch lernen möchten, einen ganz anderen Hintergrund als Hochschulabsolventen, die an einem Auslandssemester interessiert sind. Immer wieder gelingt es den Autoren, durch solche Hinweise darauf aufmerksam zu machen, wie komplex das Lernen einer Fremdsprache eigentlich ist und wieviel Mühe die Lehrer in ein gutes Unterrichtskonzept stecken sollten. Deutlich wird dabei auch die Kritik, die Huneke und Steinig an den standardisiertem Methoden des Fremdsprachenunterrichts äußern. Sie investieren viel Erläuterungsmühe in die Alternativen: Tandem-Lernen, biliniguales Lernen, Lernen durch Lehren und so weiter.

Ein großer Teil des Buches ist allgemeinen Aspekten der Deutschen Sprache und Kultur gewidmet. Einerseits wird vollkommen korrekt darauf verwiesen, dass auch letzterer Bereich immer in den Deutschunterricht integriert werden sollte. Andererseits wird das Land mitttels von Zahlen, Daten und Fakten dann im Band so weit ausgeführt, dass man sich fragt, ob das in dieser Form wirklich in ein Buch für (angehende) Lehrende gehört. Insbesondere die Darbietung der deutschen Linguistik ist zu umfangreich geraten, wenn man bedenkt, dass der Großteil der DaF-Studierenden mindestens im Grundstudium von Germanistik oder einer anderen Philologie steckt und längst eine Einführung in die Linguistik genossen haben dürfte.

Das Buch „Deutsch als Fremdsprache. Eine Einführung“ regt DaF-Studierende, sowie bereits Lehrende in jedem Fall, an, sich darüber Gedanken zu machen, was sie lehren wollen und inwiefern Landeskunde, Literatur oder anderes Einzug in ihren Unterricht Eingang finden sollte. Es werden dabei jedoch nicht nur Lerngegenstände vorgeschlagen, sondern auch problematisiert: Wie zum Beispiel sollte man damit umgehen, dass Deutsch eine plurizentrische Sprache ist und sich Lerner, je nachdem, was sie mit ihren Sprachfähigkeiten vorhaben, mit verschiedenen Dialekten konfrontiert sehen? Oder: Wie gestalte ich Tests, um das Deutsch meiner Schüler zu überprüfen?

Am Ende des Buches finden sich dann noch exemplarische Unterrichtssituationen für die verschiedensten Lerngruppen. Die Publikation kann trotz der erwähnten Kritik als gut durchdacht bezeichnet werden. Den Autoren gelingt ein Rundumblick auf den gesamten DaF-Bereich, wobei sie jedoch nie das Wichtigste beim Lernen einer Fremdsprache aus den Augen verlieren: Die Durchführung des Unterrichts.

Titelbild

Hans-Werner Huneke / Wolfgang Steinig: Deutsch als Fremdsprache. Eine Einführung.
Erich Schmidt Verlag, Berlin 2010.
306 Seiten, 17,80 EUR.
ISBN-13: 9783503122035

Weitere Rezensionen und Informationen zum Buch