Mord und Trüffel

In Martin Walkers „Schwarze Diamanten“ bricht das globalisierte Verbrechen in die geordnete Welt von Bruno, dem Chef de police, ein

Von Monika StranakovaRSS-Newsfeed neuer Artikel von Monika Stranakova

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Es gibt sie noch, jene genügsame Menschen, die auf eine Karriere und die dazu gehörenden Annehmlichkeiten freiwillig verzichten und ihren Lebensinhalt im Wirken für das Gemeinwohl finden. Bruno Courrèges ist so ein Mensch und der einzige Polizeibeamte von Saint Denis. Selbstbewusst aber nie arrogant, mit Nachdruck, aber nie sein Amt missbrauchend, kümmert er sich um die Belange seiner Bürger. Er ist Rugby-Trainer, Headhunter und Seelsorger in Personalunion oder mimt glänzenden Kinderaugen zuliebe schon mal den Weihnachtsmann. Ihm entgeht nichts, sei es ein Falschparker, die Plattitüden im Wahlprogramm eines Bürgermeisterkandidaten oder Migrantenkinder, die nach französischem Gesetz eingeschult werden müssen. Bagatellen, meinen Sie? Ja, im Périgord scheint die Welt noch in Ordnung.

Doch das Sägewerk, einer der größten Arbeitgeber des Städtchens, wird wegen Verstoßes gegen die Umweltauflagen der EU stillgelegt, und auch der Angriff auf einen vietnamesischen Händler reicht über die üblichen Streitigkeiten auf dem Wochenmarkt hinaus.  Dann kommt Bruno auch noch ein Betrug auf dem Trüffelmarkt zu Ohren – man soll den kostbarsten Schatz der Region mit billigen Importen aus China verschnitten haben. Das globalisierte Verbrechen macht vor nichts halt und bald brennen überall in der Gegend Restaurants in vietnamesischem Besitz. Man könnte meinen, dass spätestens nach der bestialischen Ermordung eines guten Freundes, der, wie sich herausstellt, ein barbouze, ein an der Grenze der Legalität agierender Geheimagent in Indochina und Algerien war, das Chaos ausbricht. Nicht aber für Bruno, der gerade in solchen Momenten zu Hochform aufläuft.

Man weiß: Morde passieren überall und jederzeit. Dieser hat mit den Nachwirkungen historischer Konflikte und aktuellen politischen Problemen wie illegaler Einwanderung und Veruntreuung öffentlicher Fördergelder zu tun. Doch der Roman fasziniert nicht durch den Mordfall, der streckenweise zur Nebensache gerät. Hier schreibt einer aus Begeisterung für dieses Fleckchen Erde und die französische Lebensart. Erlesene Weine und vorzügliche Speisen gehören ebenso zum unverwechselbaren Charme dieses amüsanten Krimis wie das durch nichts zu erschütternde Vertrauen in das Gute und die gelassene Lebensfreude seiner Hauptfigur. Ein einziger Tipp: Bloß nicht hungrig lesen!

Titelbild

Martin Walker: Schwarze Diamanten. Der dritte Fall für Bruno, Chef de police.
Übersetzt aus dem Englischen von Michael Windgassen.
Diogenes Verlag, Zürich 2011.
352 Seiten, 21,90 EUR.
ISBN-13: 9783257067828

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