Alternative zum Camino

Anton und Simone Ochsenkühn berichten von ihrer Pilgerschaft auf dem Franziskusweg

Von Josef BordatRSS-Newsfeed neuer Artikel von Josef Bordat

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Pilgern hat Konjunktur. Die Zahl der Pilger auf dem berühmten „Camino“, dem Jakobsweg in Nordspanien, stieg in den letzten zwanzig Jahren exponentiell an. Waren es in den „normalen Jahren“ der 1990er-Jahre nicht mehr als einige Zehntausend, so sind es in den letzten Jahren immer mehr als 100.000 Menschen gewesen, die sich auf die Spuren des Apostels machten. Im Jakobusjahr 2010 hat sich die Zahl der Pilger gegenüber dem Vorjahr fast verdoppelt. Etwa 270.000 Menschen erreichten das Ziel der Reise: Santiago de Compostela. Das bedeutet: Pilgern auf dem Jakobsweg ist längst Teil des Massentourismus geworden, verliert damit aber etwas vom Charme der einsamen Suche nach Gott, der dem Pilgern anhaftet. Der wahre Jakob in Sachen spiritueller Wanderschaft sieht also anders aus als die profane Realität zwischen Baskenland und Galizien.

Doch für den sinnsuchenden Europäer, der sich auf die Pilgerschaft begeben will, kommt ein anderes Land in Sicht: Italien. Dort führt der Franziskusweg von Assisi nach Rom. Anton und Simone Ochsenkühn haben ihn begangen und lassen uns teilhaben an spirituellen und organisatorischen Umständen der Reise. Heraus gekommen ist ein bodenständiger, informativer, reich bebilderter Bericht mit vielen wertvollen Tipps für die Planung der eigenen Pilgertour, denn die Autoren wissen, wie wichtig eine gute Vorbereitung ist.

Das Buch ist dennoch kein Reiseführer, sondern eine sehr persönliche Schilderung des Verlaufs der 15tägigen Pilgerschaft über eine Strecke von 250 Kilometern, deren Besonderheit im ständigen Wechsel zwischen der Perspektive Antons und der Simones liegt. In den farblich voneinander abgegrenzten Tagebucheintragungen der beiden Partner auf Pilgerschaft, die auf dem Franziskusweg ihre kriselnde Beziehung stabilisieren wollten und dies auch konnten, wechseln sich touristische Impressionen mit Bemerkungen über den schweren Rucksack und das schlechte Frühstück in munterem und unterhaltsamem Stil ab. Dazwischen gibt es immer wieder Einblicke in die Seele und in intime Gedankenwelten. Man erfährt, wie die Partner übereinander denken, entdeckt in den vertraulichen Notizen manches Vertraute. Interessante Erkenntnisse über Gott und die Welt, die streckenweise den Charakter philosophischer Erörterungen haben, getragen von neuer Gelassenheit und Zufriedenheit, immer leicht und locker geschrieben, belegen den Wert der Entscheidung, sich auf den Weg gemacht zu haben.

Mit seinem Tagebuch-Reisebericht macht das Autorenpaar Mut zum Pilgern und zugleich beste Werbung für den weithin unbekannten Franziskusweg („Pilger-Geheimtipp“), stellt aber zugleich heraus, dass es letztlich egal ist, wohin man geht, denn die gelungene Pilgerschaft führt stets zum gleichen Ziel: zu sich selbst. Im Falle der Ochsenkühns führte der Weg auch „zu neuen Perspektiven für ihr Leben“. Es scheint, dass eine Pilgerreise lohnt. So wie die Lektüre des Buchs zur Vorbereitung auf das spirituell-sportliche Abenteuer.

Titelbild

Simone Ochsenkühn / Anton Ochsenkühn: Auf dem Franziskusweg. Eine Pilgerreise von Assisi nach Rom.
Herder Verlag, Freiburg im Breisgau 2011.
239 Seiten, 17,95 EUR.
ISBN-13: 9783451332159

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