Federführend ohne Zeigefinger

Klaus Mackowiak erklärt die “häufigsten Stilfehler im Deutschen“

Von Daniel KrauseRSS-Newsfeed neuer Artikel von Daniel Krause

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Klaus Mackowiak ist akademisch akkreditierter Philosoph und Philologe, darüber hinaus hat er journalistische Prosa und Literarisches veröffentlicht. Nun legt er bei C. H. Beck einen Band über „Die häufigsten Stilfehler im Deutschen“ vor.

Mackowiak ist zu klug, als dass ihm die brüchigen Grundlagen stilistischer Normsetzungen nicht deutlich vor Augen stünden. Es ist sein erklärtes Ziel, „pragmatische“, am gegenwärtigen Sprachstand sich ausrichtende und nach Textsorten und „kommunikativen Funktionen“ unterschiedene Hinweise zum „adressatenorientierten“ und „situationsangemessenen“ ‚guten Deutsch‘ zu geben. Oberlehrertum findet ausdrücklich nicht statt: „Es geht hier […] nicht darum, vorzuschreiben oder auch nur vorzuschlagen, wie man schreiben sollte. Es geht allein darum, einiges von den erreichten Standards wiederzugeben, als Orientierungshilfe. Dabei beschränken wir uns auf einen akzeptierten Kernbestand. […] Darüber Hinausgehendes, eher Schöpferisches, überlassen wir der Kommunikationsgemeinschaft von Autoren und Adressaten“.

Selten sind diese Standards so souverän dargestellt, linguistisch eingeordnet und an Beispielen verdeutlicht worden. Beinahe hundert Stilfragen werden diskutiert, auf meistens ein bis zwei Druckseiten. Die einzelnen Artikel setzen typischerweise mit zwei Beispielsätzen oder -wörtern in kräftigem Fettdruck ein. Das erste Beispiel führt, bisweilen parodistisch übersteigernd, vor, wie es nicht gemacht werden soll. Das zweite formuliert eine Alternative: „‚Einspritzdruckminimierungsverfahren‘. Verständlicher: ‚Verfahren, den Einspritzdruck zu minimieren‘.“ So setzt der Artikel zu „Wortzusammensetzungen“ ein.

Dann folgen, im Haupttext, Erläuterungen über linguistische und pragmatische Hintergründe – und Lösungsvorschläge zum behandelten Problem. Zahlreiche Beispiele sind, kursiviert, in den Haupttext verwoben. Mackowiak gelingt es, selbst in die kürzesten Artikel bemerkenswert viel Information unterzubringen – ohne dass die Lesbarkeit leidet: auch dies eine stilistische Leistung.

Vergleichsweise vertraute Probleme kommen zur Sprache – „überlange Adjektiv- und Partizipreihungen“, „Neologismen „Fremdwörter“ –, aber auch solche rhetorischen Techniken, die selbst professionelle Schreiber nicht mit Kalkül einzusetzen und mit korrekten linguistischen Begriffen anzusprechen wissen, so „Prolepse“, „Anastrophe“ oder „Enallage“. Wohlgemerkt: In allen, auch den vertracktesten Fällen schafft Mackowiak laienverträgliche Durchsichtigkeit.

Weil Mackowiak klaren, genauen, lebendigen Stil nicht nur lehrt, sondern vorführt, und die nicht einmal 200 Seiten des Bandes übersichtlich und kompakt portioniert; weil theoretische Exkurse zum Für und Wider sprachpflegerischer Bemühungen knapp gehalten sind und geradezu überflüssig erscheinen angesichts der schieren Qualität des Gesagten; weil schließlich auch der bildungsfromme Leser auf seine Kosten kommt – der antiken Rhetorik wird vielfach Reverenz erwiesen –, und linguistische Voraussetzungen guten Stils sicher beherrscht werden, ist diese Lektüre ein wahres Vergnügen, weit entfernt von aller Zeigefingerei.

Wenn ältere Stillehren – ob von Eduard Engel oder Ludwig Reiners – als diskreditiert, bestenfalls irrelevant gelten, und gerade die germanistische Wissenschaft, seit der Studentenbewegung und Entnazifizierung, jegliche Normsetzung richtigen Sprachgebrauchs verwirft; wenn das Projekt einer Stillehre heute allgemein abgelehnt wird, sind Mackowiaks „Häufigste Stilfehler im Deutschen“ bestens geeignet, die Nützlichkeit einer solchen auch für unsere Zeit überzeugend darzustellen.

Titelbild

Klaus Mackowiak: Die häufigsten Stilfehler im Deutschen und wie man sie vermeidet.
Verlag C.H.Beck, München 2011.
176 Seiten, 9,95 EUR.
ISBN-13: 9783406613593

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