Hoffnung auf Lernfähigkeit

Josef Winklers Reden und offene Briefe sind in zwei Litaneien erschienen

Von Andreas HudelistRSS-Newsfeed neuer Artikel von Andreas Hudelist

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

„Die Wetterhähne des Glücks“ und „Die Totenkulterer von Kärnten“ bilden zwei Litaneien, welche verschiedene Texte von Josef Winkler zusammenfassen und nun in einem Band beim Wieser Verlag abgedruckt wurden. Einiges ist zwar schon aus der Rede zu den Tagen der deutschsprachigen Literatur bekannt, welche bei Suhrkamp Verlag erschien, fügt sich hier jedoch in einer neuen Form zusammen. Die eher ungewöhnlich literarische Form der Litanei verspricht bei Winkler keine endlose oder gar langweilige Aufzählung von Daten oder Ereignissen, sondern eine Wiederholung gesellschaftlicher relevanter Themen. So thematisiert er nicht zum ersten Mal die mittlerweile weit über Kärnten und Österreich hinaus bekannten Tatsache, dass die Hauptstadt Klagenfurt sich keine Bibliothek leisten kann. Versagt haben dabei die seit dem Zweiten Weltkrieg amtierenden Bürgermeister, welche nicht in der Lage waren eine, Bibliothek zu errichten. Mit den fünf Millionen Euro, welche das leere Fußballstadion in einem Jahr benötigt, wäre es eine Leichtigkeit, ein solches Haus inklusive Büchern aus dem Boden zu stampfen. Des Weiteren erwähnt Winkler auch die Parteiförderung in der Höhe von 60 Millionen Euro, welche für die Legislaturperiode bis 2014 von den Landtagsparteien bewilligt wurde, wobei andererseits die Kärntner Regierungsparteien den Heizkostenzuschuss kürzten. Dem Volk gibt Winkler gegenüber diesen durch die Politik verschuldeten Ungerechtigkeiten eine Stimme und übernimmt zeitweilig die Aufgabe eines investigativen Journalisten, jedoch in einer pointierten literarischen Sprache, welche Lust auf mehr macht.

Literarisch reiht sich Josef Winkler in die Reihe der großen literarischen Gesellschaftskritiker wie Heinrich Heine und Georg Büchner, aber auch Karl Kraus oder Thomas Bernhard ein. So fordert Winkler demokratischen Widerstand und erinnert dabei unter anderem an Büchners „Hessischen Landboten“: „Hebt die Augen auf und zählt das Häuflein eurer Presser, die nur stark sind durch das Blut, das sie euch aussaugen und durch eure Arme, die ihr ihnen willenlos leihet.“

Janko Ferk attestiert Winkler, dass er das Zeug zum „Gewissen der Nation“ habe. Dies zeigen neben diesen zwei abgedruckten Litaneien auch seine vielen offenen Briefe und Reden. Neben Büchner ist der Vergleich mit Heinrich Heine aber vielleicht noch treffender, da dieser zwischen Journalismus und Literatur auf gegenwärtige Missstände hinwies und zu einem wesentlichen Teil gesellschaftliche Debatten prägte.

Oft wird die Frage aufgeworfen, warum jemand dann nicht wegzieht. Wenn jemand nur kritisiert, so scheint sich vielen die Frage aufzudrängen, warum man dann noch in dieser Stadt oder in diesem Land lebt? Wie antwortet Winkler? „Ich halte es mit dem Schriftsteller und Filmemacher Herbert Achternbusch, der über Bayern gesagt hat. ‚Diese Gegend hat mich kaputt gemacht, und ich bleibe, bis man ihr das ansieht.‘“

Titelbild

Josef Winkler: Die Wetterhähne des Glücks und Die Totenkulterer von Kärnten. Zwei Litaneien.
Wieser Verlag, Klagenfurt am Wörthersee 2011.
46 Seiten, 7,50 EUR.
ISBN-13: 9783851299304

Weitere Rezensionen und Informationen zum Buch