Twist and Shout auf der Reeperbahn

Ein Bildband über die „Beatles in Hamburg“

Von André SchwarzRSS-Newsfeed neuer Artikel von André Schwarz

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Die eigentliche Karriere der Beatles begann in Hamburg, mit ihren Auftritten im „Indra“, im „Kaiserkeller“ und im „Top Ten“ wurden sie von einer Liverpooler Schülercombo zu einer richtigen Band. Abend für Abend spielten sie sich in den Jahren 1960 und 1961 mehrere Stunden lang durch ihr Repertoire, das hauptsächlich aus Rock-’n’-Roll-Nummern der 1950er-Jahre bestand. Bei ihrem zweiten Aufenthalt in der Hansestadt war die Bühne bereits eine größere: 1962 fingen Sie für 500 DM pro Woche im kurz zuvor eröffneten „Star Club“ an, der ehemalige Schlagzeuger Pete Best wurde entlassen und Ringo Starr stieß zur Band – vom letzten Auftritt im Dezember 1962 gab es gar eine Aufzeichnung auf Tonband, die bis heute nur auf Vinyl vorliegt und jene Zeit dokumentiert.

Diese bewegten Jahre der frühen Beatles dokumentiert ein jüngst erschienener Bildband von Spencer Leigh, der für die deutsche Ausgabe vom Edel Verlag überarbeitet wurde. Selbst für den passionierten Beatles-Fan ist das Buch eine Fundgrube, denn ein großer Teil der Fotografien ist hier erstmals zu sehen. Auf über knapp 200 Bildern und Reproduktionen von Plakaten und Konzertankündigungen erhält man Einblick in die Beat- und Rock-’n’-Roll-Szene im St. Pauli der frühen 1960er-Jahre, denn das Buch konzentriert sich nicht nur auf die Beatles selbst, sondern porträtiert auch die – zum Teil mit der Band bekannten – anderen Musiker, die in den Hamburger Clubs auftraten, wie etwa die Dominoes, Tony Sheridan und Rory Storm & The Hurricanes. Einige Fotos stammen dabei von der mit den Beatles befreundeten Fotografin Astrid Kirchherr.

So interessant die Fotografien sind, so mäßig sind allerdings die Begleittexte des Buches. Mit vielen nichtssagenden Zitaten und Anekdoten werden die Seiten zwischen den Bildern gefüllt und man wünscht sich das eine oder andere Mal, man hätte einige davon unter den Tisch fallen lassen. Da ziehen Gangster ständig irgendwelche „Knarren“ und „George machte die Fliege“, einmal wird in Stunden aufgerechnet, wie lange Pete Best und wie lange Ringo Starr mit den Beatles live spielte – für Statistikfreunde mag das möglicherweise von Belang sein, bleibenden Wert hat diese Rechnung, die belegt, dass Best länger live mitwirkte, allerdings nur sehr bedingt. Seitenweise werden Petitessen nacherzählt, sich über Ringos Rechtschreibung lustig gemacht, die einzelnen besseren Texte muss man in diesem Wust erst einmal suchen. Immerhin gibt es diese wenigstens, vor allem im hinteren Teil des Buches sind sie etwas sachlicher und informativer gehalten. Überflüssig ist auch die eingestreute Werbung für den Film „Backbeat“, hier hätte ein Hinweis im Anhang genügt. Der wartet nebenbei mit einer kleinen Spurensuche im heutigen St. Pauli nebst Stadtplan auf, falls man selbst einmal in auf den Pfaden der Beatles wandeln möchte.

Titelbild

Spencer Leigh: The Beatles in Hamburg. Der Beginn einer Ära.
edel Verlag, Hamburg 2011.
125 Seiten, 19,95 EUR.
ISBN-13: 9783841900760

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