Zur Bibliografie Erich Kästners

Johan Zonneveld hat ein grundlegendes Standardwerk zu dem Schriftsteller veröffentlicht

Von Tobias KurwinkelRSS-Newsfeed neuer Artikel von Tobias Kurwinkel

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Das wissenschaftliche Interesse an Erich Kästner und seinem Werk nimmt von Jahr zu Jahr zu; Indizien hierfür sind die wachsende Anzahl an Monografien, Sammelbänden und Einzelbeiträgen und nicht zuletzt die stetig steigenden Seitenzahlen der Jahrbücher, welche die Erich Kästner Gesellschaft seit 2000 herausgibt.

Angesichts dieses Interesses verwundert es, dass die Texte Kästners nur zu einem Teil in den „Gesammelten Schriften“, Anthologien oder der Werkausgabe von 1998 vorliegen: Der andere Teil der Primärtexte finden sich im Nachlass, der 1998 und 2002 vom Deutschen Literaturarchiv in Marbach erworben wurde. Der Kästner-Forschung stellen sich damit vor allem editorische Aufgaben, wie Stefan Neuhaus bereits zum 100. Geburtstag des Schriftstellers konstatierte. Der umfangreiche Nachlass wurde zwar der Öffentlichkeit zugänglich gemacht, bis dato aber weder veröffentlicht noch bibliografisch erschlossen.

Die jetzt erschienene dreibändige Bibliografie des niederländischen Germanisten Johan Zonnevelds schließt diese Forschungslücke und verzeichnet den gesamten Nachlass mit den integrierten Teil-Nachlässen von Elfriede Mechnig und Liselotte Rosenow.

Was die Bibliografie darüber hinaus zu einem Standardwerk der Kästner-Forschung macht, ist vor allem ihr Umfang: Wenngleich die Personalbibliografie von Uta Lämmerzahl-Bensel seit 1999 um die Bibliografie von Andreas Bode und das Verzeichnis von Volker Haase auf der Internetpräsenz des Erich Kästner Museums ergänzt wurde, stand eine Bibliografie, die sowohl die Primär- als auch Sekundärliteratur wie auch eine Filmografie und die umfangreiche Korrespondenz dokumentiert, bis jetzt aus.

Im ersten Band der Bibliografie verzeichnet Zonneveld die selbstständig erschienenen Werke Erich Kästners mit Angaben zu dem von Kästner jeweilig verwendeten Namenskürzel beziehungsweise Pseudonym, zur Textsorte, zur ersten Aufnahme in einen Sammelband und zum Erstdruck. Falls zutreffend, finden sich außerdem weitere Informationen zu Materialien im Nachlass, Abdrucken vor 1945, Erstübersetzungen oder etwas Vertonungen. Jedem Primärtext ist zudem eine bibliografische Kennzahl zugeordnet, mit der in Zukunft in der Forschung gearbeitet und vor allem zitiert werden kann.

Abgerundet wird der erste Band von einer Zeittafel, die auf 120 Seiten detailliert über die Familiengeschichte und die Lebensstationen Kästners informiert. Dieser beigegeben findet sich ein Stammbaum, der die Abstammung Kästners ab den Urgroßeltern darlegt.

Der zweite Band dokumentiert die Sekundärliteratur zu den Texten Kästners. Die Bibliografie kommt ohne Register aus: Die Gliederung orientiert sich chronologisch an den Primärwerken; die Sekundärliteratur ist Kapiteln wie „Rezensionen“, „Studien und Darstellungen“ oder „Pädagogisch-didaktische Untersuchungen“ zugeordnet. Materialien wie (Verlags-)Prospekte und Inserate, aber auch Pressefotos oder Plakate sind bei vielen Werken in dem Kapitel „Werbung“ aufgeführt. Einen Schwerpunkt – und damit auch ein eigenes Kapitel – bilden die Veröffentlichungen in der Tagespresse zu Erich Kästners 100. Geburtstag.

Der dritte Band bietet eine Auflistung der Filmadaptionen und der Sekundärliteratur. Weiter sind alle Lesungen, Hörbücher und -spiele sowie Rundfunk- und Fernsehsendungen, die mit Kästner und seinem Werk zu tun haben, verzeichnet. Interessant ist hierbei die Aufnahme von auf YouTube vorhandenen Lesungen, Filmadaptionen und Vertonungen, die mit URL und Zugriffsdatum angegeben sind.

Weitere Kapitel sind den veröffentlichten Bearbeitungen von Kästners Werken, Dokumenten wie Urkunden oder Schulbüchern sowie der umfangreichen Korrespondenz aus dem Nachlass gewidmet.

Dem Band ist eine CD-ROM beigelegt, die zum einen die Bibliografie als Microsoft Access Datenbank enthält, zum anderen Bildmaterial zu Leben und Werk Erich Kästners aus dem Archiv Johan Zonnevelds bietet.

Mit der Bibliografie Erich Kästner liefert Zonneveld ein Standardwerk ab, das nicht nur die Primär- und Sekundärliteratur umfassend erschließt, sondern durch die Integration von unzähligen Materialien – von YouTube-Filmen bis zu den Hochschulheften, welche die von Kästner besuchten Lehrveranstaltungen in Leipzig nachzeichnen – neue Blicke auf Erich Kästner und sein Werk ermöglicht. Besonders hervorzuheben ist der zeitgemäße Zugriff mit Hilfe der enthaltenen CD-ROM, die dem Nutzer zahlreiche Suchfunktionen und Filter bietet.

Titelbild

Johann Zonneveld: Bibliographie Erich Kästner. 3 Bände im Schuber.
Aisthesis Verlag, Bielefeld 2011.
2444 Seiten, 368,00 EUR.
ISBN-13: 9783895288357

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