Auf der Suche nach der „blauen Blume“

Wolfgang Hädecke schreibt eine facettenreiche Biografie eines jungen Genies

Von Manfred OrlickRSS-Newsfeed neuer Artikel von Manfred Orlick

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Georg Friedrich Philipp Freiherr von Hardenberg (1772-1801) ist unter dem Namen Novalis in die Literaturgeschichte eingegangen. Mit seinen Dichtungen war er das junge Genie unter den deutschen Romantikern. Das Gesamtwerk, das er hinterlassen hat, ist relativ schmal – es ist das Ergebnis weniger, aber hochproduktiver Schaffensjahre, die in der geistigen Auseinandersetzung mit den geschichtlichen Bewegungen am Ende des 18. Jahrhunderts entstanden. Mit seinem frühen Tod im Alter von 28 Jahren brach sein Werk in wesentlichen Teilen unvollendet ab.

Wolfgang Hädecke, bereits Autor von Biografien über Heinrich Heine und Theodor Fontane, hat nun im Hanser Verlag eine ausführliche Novalis-Biografie vorgelegt. Dabei zeigt er diesen nicht nur als Dichter und Philosophen, sondern zugleich als Naturwissenschaftler, Jurist und Bergbaufachmann.

In 18 chronologisch geordneten Kapiteln schildert der Autor ausführlich das kurze und bewegte Leben von Novalis. 1772 im Mansfeldischen Oberwiederstedt geboren, entstammte er einem alten niederdeutschen Adel. Bis zum Gymnasiumeintritt 1788 wurde er von Hauslehrern unterrichtet. Zunächst absolvierte Hardenberg ein Jurastudium in Jena (wo er unter anderem Geschichtsvorlesungen bei Friedrich Schiller hörte), Leipzig und Wittenberg. Ab 1797 schloss sich ein Studium des Bergbaus und der Naturwissenschaften in Freiberg an der dortigen Bergakademie an. Im Dezember 1800 wurde Novalis zum kursächsischen Amtshauptmann im Thüringischen Bergkreis ernannt. Am 25. März 1801 starb er in Weißenfels.

Neben dem beruflichen Werdegang steht natürlich das literarische Werk von Novalis im Mittelpunkt der Biografie. 1798 erschien seine erste Dichtung unter dem Titel „Blüthenstaub“, wobei er erstmals den Künstlernamen „Novalis“ verwendete. Zu den nachhaltigsten Ereignissen in seinem Leben gehörte der Verlust seiner erst 15jährigen Verlobten Sophie von Kühn. Ihr früher Tod fand Ausdruck in einigen der schönsten Gedichten der Romantik.

So spielen die Nacht und der Tod eine große Rolle in seinen Werken („Hymnen an die Nacht“). Aber auch die Religion genießt bei Novalis einen hohen Stellenwert. Mit der „blauen Blume“ schuf er ein berühmtes Symbol der Romantik. Sein Bildungsroman „Heinrich von Ofterdingen“, eine Auseinandersetzung mit dem Wesen der Poesie im Kontext eines „magischen Idealismus“, blieb jedoch ein Fragment. Novalis’ Schriften wurden erst nach seinem Tode veröffentlicht, erschienen erstmals 1802 und wurden von Friedrich Schlegel und Ludwig Tieck herausgegeben.

Der Germanist Hädecke (Jahrgang 1929) erweist sich als ein profunder Novalis-Kenner und als ein guter Erzähler. Seine Biografie fußt auf ausführlichen Recherchen und großen Detailkenntnissen. Gestützt auf die Werke, auf Tagebücher und Briefe, gelingt es dem Autor, ein facettenreiches Lebensbild zusammenzufügen und die Einzigartigkeit Novalis’ in der deutschen Literatur zu zeigen. Daneben zeichnet er auch ein historisches Bild Mitteldeutschlands nach der Französischen Revolution. Hädeckes anschaulichem Schreibstil könnte es gelingen, die Leser für Novalis und die deutsche Literaturgeschichte zu interessieren.

Titelbild

Wolfgang Hädecke: Novalis. Biographie.
Carl Hanser Verlag, München 2011.
399 Seiten, 24,90 EUR.
ISBN-13: 9783446237667

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