„Ein klares Ja zum Nein…“

Die endgültige People-Bibel „Titanic“ präsentiert das totale Promi-Massaker

Von Bernd HeinrichRSS-Newsfeed neuer Artikel von Bernd Heinrich

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Die vor mehr als einem Jahrzehnt noch als „endgültiges Satiremagazin“ titulierte „Titanic“ hat sich mittlerweile zur „endgültigen People-Bibel“ gemausert. 350 „tatsächliche“ Seiten und „gefühlte“ zehn Kilo schwer, liegt das Großformat gesammelter „Hochkomik“ schwer in den Händen, besser auf dem Tisch und Manchem gewiss unverdaulich im Magen. „Das totale Promi-Massaker“ – ein wahres Glanzstück von Prachtband aus dem renommierten Rowohlt-Verlag – garantiert in dieser geballten Konzentration von schrägbesten Karikaturen und geschmackvollen Wortspektakeln Gefühlsausbrüche vom glucksenden Kichern über tränenreiche Schnappatmung bis hin zum wortlos wütend In-die-Ecke-pfeffern. „Klotzen statt Kleckern“ heißt es seit jeher bei dem ebenso grandiosen wie respektlosen Satiremagazin. Und so kriegen sie gehörig ihr Fett weg von den Herausgebern Oliver Maria Schmitt, Mark-Stefan Tietze und Hans Zippert: das Privatmonster Olli Kahn, der „Fünferpack“ Beckmann, Geissen, Kerner, Pilawa und Pflaume, der längst aus Altkanzler Schröders Schatten (in die Breite) gewachsene Sigmar Gabriel, auch Seehofer und Lagerfeld, Till Schweiger, Bohlen, Matthäus, der Bembel schwingende Breitmaulfrosch Heinz Schenk, Westerwelle, der gelbe Sack, oder Brüderle, die gelbe Tonne. Es gibt Neuigkeiten aus der Käßmann-Forschung und über den Schumi-Doppelvergaser…

Manches gerät dabei gewollt tief unter die sprichwörtliche Gürtellinie. Für die Buchtitel „Möllemann – Tod aus heiterem Himmel?“ oder „Schlager-Grand-Prix-Teilnehmerin Corinna May – Man sieht nur mit den Augen gut“ sind eher fragwürdig. Man muss nicht alle Grenzen überschreiten.

Trotzdem: Die scheinbar unsinkbare, 1979 gegründete „Titanic“ hat als „Flaggschiff des deutschen Humors“ (F. A. Z.) im spektakulären, ätzend karikierenden, sturmumtosten deutschen Weltenmeere der Satire ihren Platz eingenommen, hält unbeirrt Kurs und läuft nicht Gefahr, auf Grund zu laufen. Wie auch? Es gibt genügend Gründe zum Weitermachen – auch mit zartderben Zweideutigkeiten, feinster Ironie, hintersinnigen Anspielungen und gesellschaftskritischer Bosheit. Die Autoren- und Hauszeichner-Liste liest sich wie ein „Who is who?“ Da wären zuförderst Robert Gernhardt zu nennen und F. W. Bernstein, dem der Merkvers „Die schärfsten Kritiker der Elche waren früher selber welche“ zugeschrieben wird, zudem Gerhard Henschel, Hans Traxler, Wiglaf Droste, Chlodwig Poth, F. K. Waechter, oder Walter Moers – „Birne Kohl“, „Genschman“ oder „Zonen-Gabis erste Banane 1989“ sind Titanic-Hausmarken.

Es bedarf keiner hellseherischen Fähigkeiten, aus dem überquellenden Satiresporn auch künftig spektakuläre Aktionen über die Gesellschaft der Bornierten und Piesepampel, Gutgläubigen, machtbesessenen Arschgranaten und Fanatiker zu lesen. Besserwisser und Nervensägen, Rübennasen und Hohlkörper sind beileibe nicht vom Aussterben bedroht. Insofern werden die Autoren und Zeichner noch viele Jahre ihrer gepflegten Sprach- und Nonsenskomik huldigen – ironisierend statt moralisierend; getreu ihrem Motto: „Ein klares Ja zum Nein!“

Es gäbe einen ergänzenden Vorschlag. Wie wäre es mit: „Wir sind dafür, dass wir dagegen sind!“

Titelbild

Oliver Maria Schmitt / Hans Zippert / Mark-Stefan Tietze (Hg.): Titanic - Das totale Promi-Massaker.
Rowohlt Berlin Verlag, Berlin 2011.
352 Seiten, 25,00 EUR.
ISBN-13: 9783871347245

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