Kammerspiel zu Liebe und Sex

Robert B. Parker war ein Mann mit Auftrag – und den erfüllt er wie stets zuverlässig, auch in „Bitteres Ende“

Von Walter DelabarRSS-Newsfeed neuer Artikel von Walter Delabar

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Das Viereck von Liebe, Sex, Geld und Verbrechen erzeugt zahlreiche Geschichten, aus denen sich wiederum immer neue Lehren ziehen lassen. Robert B. Parker hat dazu eine Reihe von Krimis beigetragen, und „Bitteres Ende“ gehört zu den vielen Guten, die dem Meister der coolen Sprüche dabei gelungen sind.

Es ist wie immer seine Variante des hard-boiled-Helden, Spenser mit Namen, an dem er seine Lehren vom richtigen Leben, das auch im Falschen möglich ist, vorzeigen kann. Spenser, der die abgespeckte Variante des Neuen Manns gibt (kein Weichei eben): einer, der sich zu schlagen weiß und zu schießen versteht, einer, der nicht aufgibt und immer weiter macht, auch wenn er dafür nicht bezahlt wird (er wird eigentlich nie bezahlt, auch wenn er immer wieder behauptet, dass er den Job für Geld macht, aber Pustekuchen, er lässt sogar noch Leute für sich arbeiten, ohne dass er Kohle macht), einer, der herausbekommt, was herauszubekommen ist, einer, der seine Frau liebt, aber sie nicht heiratet, der den Sex liebt (mit ihr), aber nicht rummacht, wie es sich für coole Jungs sonst ziemt. In Abwandlung eines älteren Spruchs: gegen die Bösen hart, im Bett zart. Und dann auch noch schlagfertig ohne Gnade.

Sicherlich ist dieser Spenser eine synthetische Gestalt, die wenig Realistisches an sich hat. Niemand ist so cool, gewalttätig und liebevoll wie dieser Mann. Aber es geht in seinem Fall wohl auch gar nicht darum, einen realistischen oder gar mittleren Helden aufzutischen, eine Gestalt, die durch ihre Mischung anzeigt, dass wir es hier mit dem wirklichen Leben zu tun haben, mit wirklichen Problemen und echten Lösungen. Hier geht es eher ums Prinzip und darum, auf den Punkt zu kommen.

Und in diesem Fall geht es um das, was man ein gutes Leben nennen kann. Denn das hat weder mit Geld noch mit Sex zu tun, sondern mit einer Balance, die zwischen den einzelnen Bedürfnissen hergestellt werden muss. Das Exempel eines modernen Gigolos, der die Frauen reicher Männer anmacht, sich von ihnen aushalten lässt und sie schließlich erpresst, ist ihm dafür die geeignete Folie. Die Melange von Gier nach Sex und Geld lässt Parker von der engen Verbindung von Sex und Liebe reden und sie in seinem Vorzeigepaar Spenser samt seiner Psychologenfreundin Susan vorführen.

Bei diesen beiden befördert der Sex die Liebe und die Liebe den Sex, während der Gigolo zwar ohne Ende kann (er wird als „stark“ beschrieben), aber am Ende nicht mehr bekommt als einen gigantischen Scherbenhaufen. Ein ruiniertes Leben, nach einer Reihe von Leichen. Damit steht er nicht allein, denn es gibt am Ende der Geschichte noch einen zweiten Mann, der an den Sex alles verliert. Spaß macht das aber keinen mehr und der kleine harte Mann hat von seiner Härte und seinem Stehvermögen überhaupt nichts. Aber er hätte auch nichts verdient.

Eine Anwältin heuert Spenser an, weil der Ex-Lover ihrer wohlhabend verheirateten Klientinnen sie ein wenig erpressen will. Er hat Ton- und Bildaufnahmen der Rendezvous gemacht und droht sie den reichen Ehemännern zu präsentieren. Damit aber wäre der vermeintliche Deal der schönen Frauen mit den reichen Männern vorbei, auch wenn allen Beteiligten klar ist, dass die jeweiligen Ehen nicht aus Liebe geschlossen werden. Ausstellungstück gegen Ausstattung könnte man meinen. Muss man aber nicht, denn auch in diesen Fällen ist nicht immer alles, so wie es am Anfang aussieht.

Parker baut nämlich seine Geschichte wie jene russischen Puppen auf, die in ihrem Inneren immer noch eine kleinere Version ihrer selbst enthalten. An den ersten Fall, der schnell halbwegs gelöst ist, schließt sich ein zweiter an und an den wiederum ein dritter und so weiter. Das ist ganz amüsant zu lesen, denn irgendwann interessiert vor allem, welche Schleife Parker seinen Helden und seine Geschichte jetzt wieder drehen lässt und welche Variante er sich denn jetzt noch einfallen lässt.

Die Erpressung beschäftigt Spenser bald weniger als das, was damit zusammenhängt, spätestens dann, als einer der Ehemänner erschossen wird. Als dasselbe Schicksal kurze Zeit später die Freundin des Gigolos trifft – ja er hat auch sowas Normales – wirds langsam eng. Und selbst dann hat das noch kein Ende. Es muss alles noch solange weitergehen, bis schließlich wirklich jeder verstanden hat, wo der Sinn der Geschichte liegt, in einer glücklichen Verbindung nämlich, für die man viel Glück braucht und viel Arbeit investieren muss. Auch in dieser Hinsicht ist Spenser ein Superheld, der einem vor allem ein gelungenes Lebensmodell demonstriert. Dafür muss man dann aber kein Detektiv sein.

Titelbild

Robert B. Parker: Bitteres Ende. Ein Auftrag für Spenser.
Übersetzt von Emanuel Bergmann.
Pendragon Verlag, Bielefeld 2012.
216 Seiten, 9,95 EUR.
ISBN-13: 9783865322586

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