„Es ist nicht abendfüllend, über sich selbst zu reden“

Gesammelte Interviews mit Loriot

Von Georg PatzerRSS-Newsfeed neuer Artikel von Georg Patzer

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Dass das Leben ungerecht ist und kein gütiger Gott über uns regiert, sieht man besonders daran, dass Loriot gestorben ist. Zum Glück hat er uns seine wunderschönen Filme hinterlassen, Herrn Müller-Lüdenscheid und den wundersamen Steinbeißer, der sogar in das medizinische Standardlexikon, den Pschyrembel, aufgenommen wurde: der Petrophagus lorioti. Und als Sahnehäubchen ist jetzt noch ein Band mit Gesprächen erschienen, 17 an der Zahl (eigentlich 15 und zwei Fragebögen), drei davon seine letzten, wie er selbst sagte.

Sein letztes Interview gab er nämlich dem SZ-Magazin und sagte dabei etwas kokett (oder selbstironisch): „Es ist nicht abendfüllend, über sich selbst zu reden. Außerdem ist noch viel anderes zu tun.“ Ein Jahr später gab er im „Darmstädter Echo“ sein letztes Interview und 2009 noch einmal im „Stern“.

Was bei anderen kokett wäre, sieht man Loriot gerne nach. Irgendwie bekommt bei ihm alles eine philosophische Verschmitzheit. Und dann sind in diesen Gesprächen nicht nur viele Perlen des unnachahmlich loriotschen Humors zu entdecken, Passagen, die in jeder Aphorismensammlung stehen könnten. Beispielsweise, wenn er gefragt wird: „Woran denken Sie bei ,Nouvelle Cuisine‘?“ Und antwortet: „An eine spät geborene Verwandte zweiten Grades.“

Es ist auch interessant, wie sich die Annäherung an diesen einzigartigen Humoristen verändert hat. 1968 wollte der Interviewer noch Kritik an den „entsetzlichen Knollennasen“ üben, als Loriot ihm, auch wieder mit entwaffnender Selbstironie, antwortete: „Die Nase war bei den ersten Menschen dieser Art spitz. Und nur durch das viele Zeichnen im Laufe der zwanzig Jahre ist die Nase wie ein Stein im Gebirgsbach durch Jahrmillionen abgeschliffen und rund geworden. Das ist keine Absicht. Das ist eine natürliche Erscheinung, die gewachsen ist“. Später war er selbst – wie seine Figuren – längst zur Ikone geworden.

Auch aus seinem Privatleben lernt man manches, wenn auch nicht allzuviel, denn Loriot war immer eher diskret. Für ihn stand immer das Werk im Vordergrund. Dennoch ist auch bei den versammelten Interviews ein wenig von seiner eigenen Geschichte zu erfahren, vor allem über den preußischen Vater, der ihm immer so wichtig war, auch wenn er oft nicht anwesend war. Und das Preußische, Verschwiegene, das das Private doch ein wenig scheut, liegt ja auch ganz augenscheinlich in Loriots Wesen. Und auch das zu unserem Glück. Man merkt es den Interviews dann auch manchmal an, dass er, wenn sie zu indiskret gefragt haben, sich manchmal herauszuwinden versucht. Und auch das ist ja eine Wohltat in Zeiten von Dschungelcamp und inszenierten Privatheiten der B- und C-Promis.

Ein letzter Abschiedsgruß also, auch von seinem Verleger Daniel Keel, der einen knappen Monat nach Loriot gestorben ist.

Titelbild

Loriot: Bitte sagen Sie jetzt nichts. Gespräche.
Ausgewählt von Daniel Keel und Daniel Kampa.
Diogenes Verlag, Zürich 2011.
255 Seiten, 21,90 EUR.
ISBN-13: 9783257067873

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