Opulentes Werkverzeichnis seiner „Weltkomödie“

Über das grafische Lebenswerk von Christoph Meckel

Von Manfred OrlickRSS-Newsfeed neuer Artikel von Manfred Orlick

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

In knapp fünfzig Jahren (von 1957 bis 2005) schuf der deutsche Schriftsteller und Grafiker Christoph Meckel (1935 in Berlin geboren) ein einzigartiges grafisches Werk von über 2.000 Zeichnungen, Radierungen (Ätzungen und Kaltnadel) sowie Holzschnitten, das nun zum ersten Mal vollständig in einem opulenten Werkverzeichnis in zwei Bänden im Freiburger Modo Verlag vorliegt.

Als 22jähriger begann Meckel mit dem Entwurf, dem er zunächst den Arbeitstitel „Weltkomödie“ gab. Als er später in dem gigantischen Unternehmen steckte, war es schlicht unmöglich, das Projekt umzubenennen. Und so hat Meckel den Titel beibehalten.

Die „Weltkomödie“ besteht aus zwölf Grafikzyklen, in denen Meckel jeweils einen Protagonisten durch Leben und Welt, Zeit und Raum führt. Die Kunstfigur des ersten Zyklus ist Moel. Er ist eine Gestalt mit einem großen Hut, so etwas wie ein mexikanischer Chapeau, sodass man sein Gesicht nicht erkennen kann. Am Ende des Zyklus wird Moel gefangen genommen, gefoltert, gevierteilt und verschwindet für immer. Obwohl Moel eigentlich gestorben war, begann Meckel mit dieser Gestalt einen gleichnamigen zweiten Zyklus. Auch dieser zeigt einen verzweifelten Moel.

Es schließen sich weitere große und kleine Zyklen an, dazu Serien und Friese, in denen andere Figuren wie Bobosch, Rubim, Jemel oder Balsam der Spieler auftauchen und wieder verschwinden. Es sind Gestalten aus unterschiedlichen Epochen und Gesellschaftsordnungen, manche sind auch gesichts- oder sogar namenlos. Sie alle sind gewissermaßen Fixpunkte in den zahllosen Blättern und verleihen dem Gesamtwerk eine gewisse Kontinuität. Dabei hat jedes Bild seine Stelle im jeweiligen Zyklus und treibt diesen inhaltlich voran.

Der zweite Band des Werkverzeichnisses präsentiert Triptychen, Diptychen, Friese, Einzelblätter sowie Illustrationen und Bilder zu Texten. Sie zeigen noch einmal die Unerschöpflichkeit und die Vielfalt der Motive. Zum Ende hin werden die Bilder abstrakter, übrig bleiben Architekturen und Formen. Den Abschluss bilden Kaltnadelradierungen, die in den Jahren 1990-2005 entstanden. Sie waren zunächst nicht Bestandteil der „Weltkomödie“, bis Meckel bemerkte, dass sich durch diese Technik der Bildraum der Komödie noch einmal erweitert.

Die „Weltkomödie“ beweist neben dem außergewöhnlichen Zeichentalent auch die unerschöpfliche Fantasie des Künstlers. Die Vielfalt seiner Ideenkomplexe und die Verschiedenartigkeit der bildnerischen Lösungen verblüffen den Betrachter immer wieder.

Ergänzend zu den verschiedenen Zyklen und Serien hat Meckel auch einige Berichte zu deren Entstehung sowie zum Gesamtkomplex der „Weltkomödie“ verfasst. Neben der Einführung geben sie auch Hinweise auf die Aussagen des Künstlers. Besonders aufschlussreich ist eine Rede an der Bayerischen Akademie der Schönen Künste München 2008 zum Abschluss seiner jahrzehntelangen Arbeiten.

„Die Weltkomödie“ ist ein grafisches Lebenswerk, das in seinem Umfang, aber auch in seiner Dichte und Qualität wohl einmalig im Nachkriegsdeutschland ist. Dem Modo Verlag ist es zu danken, dass es nun erstmals vollständig vorliegt, denn bisher erschienen nur vereinzelte Zyklen. Schlicht eine verlegerische Meisterleistung.

Titelbild

Christoph Meckel: Die Weltkomödie. 2 Bände.
Modo Verlag, Freiburg 2012.
702 Seiten, 89,00 EUR.
ISBN-13: 9783868330748

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