Überblicksdarstellung im Comic-Stil

Ansgar Lorenz und Reiner Ruffing stellen Michel Foucaults Philosophie für Einsteiger vor

Von Jasmin Marjam Rezai DubielRSS-Newsfeed neuer Artikel von Jasmin Marjam Rezai Dubiel

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Der Philosoph Michel Foucault prägte mit seiner Diskurs-Theorie Generationen. Er beschäftigte sich vornehmlich mit dem gesellschaftlich Ausgegrenzten, der Psychiatrie, den Gefängnissen, den so genannten Heterotopien, und erforschte die historische Entwicklung von Wissenssystemen. Nach dem Motto, komplizierte Einführungen in die Philosophie Michel Foucaults gebe es schon zur Genüge, legen die Autoren Ansgar Lorenz und Reiner Ruffing nun eine illustrierte Überblicksdarstellung der gesamten Theorie des Gesellschaftsphilosophen im Comic-Stil vor.

Erklärt werden in knapper Sprache die grundlegenden Gedanken. Die philosophischen Erklärungen rücken die Autoren in einen philosophiegeschichtlichen Zusammenhang und spicken diese außerdem mit biografischen Hintergrundwissen. Auf diese heitere Art wird der faszinierende Denker lebendig.

Mit der „Ordnung der Dinge“ beginnend geht es im Schnelldurchlauf durch die Foucault’schen Theoreme und Werke. Die Wissensmodelle, die Episteme, werden kurz vorgestellt und durch Exkurse auf weitergehende Philosophien wie Kants „Kritik der reinen Vernunft“ ergänzt. Foucault wird auf sein politisches Engagement und seine persönlichen Befindlichkeiten, wie seine Depressionen und Homosexualität, hin befragt. Vor diesem Hintergrund erscheint das enorme Interesse des Philosophen für die Ausgestoßenen der Gesellschaft plausibel. Sein kurzweiliges Engagement für die Kommunistische Partei wird ebenso thematisiert wie seine Begeisterung für Friedrich Nietzsche und die Zwölftonmusik. Jacques Derridas Kritik an „Wahnsinn und Gesellschaft“ wird in wenigen Sätzen eingefügt, um kurz danach auf sein Buch „Überwachen und Strafen“ zu sprechen zu kommen.

Überzeugend legen die Autoren auf noch nicht einmal zwei Seiten den Unterschied zwischen der Disziplinargesellschaft beziehungsweise -macht und der Bio-Macht als regulierende Lebenstechnologie dar. Selbst das Sexualitätsdispositiv wird einer kurzen Analyse unterzogen.

Der späte Foucault mit „Der Gebrauch der Lüste“ und „Die Sorge um sich“ nimmt das letzte Drittel des Überblickswerkes ein. Mithilfe von Exkursen über die Antike und das Mittelalter schaffen es die Autoren, die komplexe Theorie hinsichtlich der Subjektivierungstechniken verständlich nachzuzeichnen. Den Schluss bildet die Wirkungsgeschichte, die von Giorgio Agamben bis Judith Butler reicht.

Diese Einführung vermag es auf achtzig Seiten, einen Überblick über Foucaults Leben, seine Philosophie und Rezeptionsgeschichte zu geben. Als Einstieg in die Foucault’sche Philosophie sei diese knappe Einführung empfohlen. Das Glossar bietet außerdem eine Möglichkeit, sich den für Foucault zentralen Begriffen wie die Gouvernementalität oder das Dispositiv anzunähern. Die comicartigen Zeichnungen lockern die eigentliche philosophische Dichte der ernsthaften Themen auf. Interessant ist dieser innovative Ansatz zwar – es gibt weitere Einführungen etwa zu Nietzsche –, jedoch muss die Einführung auf noch nicht einmal hundert Seiten in das gesamte philosophische System Foucaults zu kurz greifen.

Gemessen an dem Anspruch, ein Übersichtswerk expressis verbis für Einsteiger zu sein, zeugt die Einführung von Charme und konzisem inhaltlichen Gehalt. Wer sich aber eine tiefer gehende Einführung in Foucaults Philosophie ohne vereinfachte Exkurse wünscht, sollte lieber auf altbewährte Studien wie die Philipp Sarasins zurückgreifen.

Titelbild

Ansgar Lorenz / Reiner Ruffing: Michel Foucault. Philosophie für Einsteiger.
Wilhelm Fink Verlag, Paderborn 2012.
80 Seiten, 19,90 EUR.
ISBN-13: 9783770552337

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