Distanzierter Tod mit Maschinen

Anmerkungen zum slashigen Thriller „Der Knochenbrecher“ von Chris Carter

Von Thomas NeumannRSS-Newsfeed neuer Artikel von Thomas Neumann

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Ein spannender Thriller. Gut geschrieben, ein ‚Pageturner‘. Tolle Figuren und Charaktere, richtig slashy und blutig. Alles – was man von einem nervenaufreibenden Thriller in Buchform erwarten kann, wird hier geboten. Es ist ein die primären Bedürfnisse des Lesers erfüllender Kriminalroman, geschrieben von einem Autor der ersten Liga der Kriminalschriftsteller. Und eigentlich gibt es bei diesem Thriller nur ein Ärgernis. Dies bezieht sich auf den Buchtitel bzw. die Nachdichtung des Originaltitels. Das war nicht geschickt, aber wohl vom Marketing bestimmt. Anders kann man sich das aus dem Originaltitel „The Night Stalker“ gewordene „Knochenbrecher“ wohl kaum erklären. Dass bei einer solch schrägen Titelwahl niemanden ein Gefallen getan wird, scheint noch nicht bei dem die Übersetzung des Romans von Carter betreuenden Team angekommen zu sein. Aber letztendlich wird auch dieses Misschick kaum den Erfolg des Buches verhindern können.

Das Intro ist rasant. Man findet eine nicht identifizierte Frauenleiche. Wie in solchen Fällen üblich, wird die Leiche in die Pathologie gebracht. Bei der Obduktion stellt man fest, dass Mund und Vagina vernäht worden sind. Im Unterleib der Toten findet das Pathologenteam einen Gegenstand. Dies ist offensichtlich eine Bombe, denn das Entfernen des Gegenstandes aus der Frau kann man auf der Videoaufzeichnung von der Obduktion nicht mehr sehen. Die Übertragung bricht an dieser Stelle ab. Eine Explosion hat das gesamte Team der Pathologie getötet, den Obduktionssaal vollständig zerstört. Der Leser wird schon auf den ersten Seiten auf Carters Level eingestellt. Die Verbrechen sind pervers, grauenhaft, bestialisch und blutig. Dies konnte man auch schon den beiden Vorgängerromanen „Der Kruzifix-Killer“ und „Der Vollstrecker“ entnehmen. Hier setzt Carter an, nimmt den Faden auf und liefert genau das ab, was man erwartet. Dabei ist er ein Meister der Spannung und Dramaturgie, hat originelle Ideen und bindet die Verbrechen in ein seltsames Spannungsfeld zwischen Täter, Ermittler und Leser ein.

Der Protagonist und Ermittler Robert Hunter, psychologisch geschult und ein Meister der Erörterung und Kombinatorik verbrechensspezifischer Details, begibt sich in Los Angeles auf die Spur des Serientäters. Es dauert nicht lange, und er macht seinem Namen alle Ehre. Er ist auf der Jagd. Eine charmante Spannung bringt eine weibliche Vorgesetzte ins Spiel, und eine überdurchschnittlich attraktive Privatermittlerin rundet das Personal ab. So wird der Leser durch eine Achterbahnfahrt von ausgefeiltem Verbrechen, Horror und Splatter mitgenommen, darf sich an intelligenten Ermittlungsschritten erfreuen und mit einer gewissen Brutalität und Unmittelbarkeit in der schriftstellerischen Gestaltung der Wirklichkeit rechnen. Chris Carter übertrifft mit diesem Thriller vielleicht sogar die beiden vorherigen Romane und bietet durchweg spannende Unterhaltung auf hohem Niveau.

Titelbild

Chris Carter: Der Knochenbrecher. Thriller.
Übersetzt aus dem Englischen von Sybille Uplegger.
Ullstein Taschenbuchverlag, Berlin 2012.
415 Seiten, 9,99 EUR.
ISBN-13: 9783548284217

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