Flüchtige Schreibe

Roger Strubs „Flüchtiges Geld“ ist nur Krimiverbrauchskost

Von Walter DelabarRSS-Newsfeed neuer Artikel von Walter Delabar

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Um die vielen großartigen Krimis angemessen wertschätzen zu können, lohnt es sich, hin und wieder einen misslungenen zu lesen. Das man das nicht übertreiben soll, ist selbstverständlich. Immerhin mischt sich immer wieder einmal ein Missgriff unter die Normalauswahl.

Nun gibt es andererseits Themen, zu denen sich wenig Gutes findet, auch wenn das Thema brennend interessant ist. DieWirtschafts- und Bankenkrise beispielsweise, überhaupt die Funktionsweisen des Kapitalismus, meinetwegen auch seine kriminellen Seiten. Aber dazu Fehlanzeige, es sei denn, das wahre Verbrechen besteht im Kindesmissbrauch. Wenn es nur das wäre, wäre die Welt wohl besser, so merkwürdig das auch klingen mag.

Roger Strubs „Flüchtiges Geld“ signalisiert immerhin, dass es hier um das große Geld und seine kriminellen Seiten geht. Stattdessen dreht sich Strubs Werk um einen Schweizer Banker, der rausgeschmissen wird und aus Rache dem deutschen Fiskus eine Daten CD zukommen lässt. Das hört sich wie mitten aus dem Leben gegriffen an, kommt so was doch, nachrichtentechnisch gesehen, alle Nase lang vor und führt zu Hausdurchsuchungen bei ehemaligen Postvorständen oder anderen Größen, die danach als gefallen zu gelten haben. Das soll so manche Finanzamtkarriere befördert oder torpediert haben.

Das Dumme an dem Schweizer Banker ist nun, dass er – so charmant und der Damenwelt zugewandt er auch gewesen sein mochte – verschwunden ist. Die Polizei geht von Selbstmord aus, da ein Abschiedsbrief und ein abseits abgestelltes Auto gefunden werden. Nur die (Ex-)Ehefrau kann nicht dran glauben. Also geht die Suche los.

Lena Bellmann, Privatermittlerin und Protagonistin von Staubs Roman, findet denn auch schnell Merkwürdiges, Banker und Finanzamtleute, die erst nicht mit der Wahrheit heraus wollen, denen man aber nur mit der Zeitung drohen muss, damit sie alles, was sie wissen, ausplaudern. Wenn das immer so einfach ist, dann ist die Macht der BILD-Zeitung in der Tat kaum zu überschätzen. Geh ich halt zur Zeitung, wenn mir was nicht passt.

Auf diese Weise kann Frau Bellmann, die auch noch eine Liaison mit einem der Banker anfängt und zwischendurch auch noch in den einen oder anderen Taumel der Lust fällt, die Suche nach dem verschwundenen Banker vorantreiben. Der ist denn auch in der Tat nicht tot, sondern wurde von zwei bodenständigen Bankkunden, deren Geld er bei einem der finanzmarkttechnischen Glücksspiele verzockt hatte, entführt und solange gefangen gesetzt, bis er das verlorene Geld wieder eingespielt hat. Auch eine gute Idee – schmeißen wir die Finanzjongleure nicht einfach raus, sondern zwingen sie, die Kohle wieder reinzuholen. Was selbstverständlich alles wieder gut macht.

Nachdem Bellmann den Leutchen auf die Spur gekommen ist, geht das alles natürlich nicht mehr. So kommt der Mann wieder frei und darf seine Geschichte der Zeitung erzählen, die das als Sensationsstory aufmacht, bis hin zum human touch, da doch der Mann an seinem Verhältnis zu seinen Söhnen arbeiten muss, die arg enttäuscht vom abwesenden Vater waren.

Aus der Vogelperspektive scheint Staubs Roman fast absurde Züge zu haben, so verschroben sind seine Elemente und deren Zusammenspiel. Es gibt nichts, was ernsthaft als Plot bezeichnet werden kann. Der Text besteht aus einer losen Anordnung von leidlich funktionierenden Motiven und Szenen, die sich als Kriminalgeschichte ausgeben, ohne es wirklich sein zu können. Besonders albern ist der Einbau des Zeitungsreporters als Gegenpart zur Heldin, der zwar einmal zum Zuge kommen darf, dann aber leer ausgeht und dem Mann mit Schlips mit bodenständigem Geschmack das Feld (Bellmann) überlassen muss.

Dafür darf er dann die Skandalstory vom geschassten Banker, der sich nicht das Leben nimmt, sondern von Ex-Kunden entführt wird, zusammenschreiben und groß aufmachen. Als ob das irgendjemanden interessieren würde? Wenn das eine Story für die Sensationspresse ist, dann wird sie schnell an Breitenwirkung verlieren.

Und die Heldin? Sehr cool, sehr überlegen und doch nur eine Karikatur, weil eben gut gewollt nicht gut gemacht ist. Es gibt einiges, was wirklich erschütternd daneben ist. Dass das Ganze aus der Froschperspektive auch noch spröde bis kitschig geschrieben ist, kommt erschwerend hinzu. Um nicht zu sagen, alle Vorurteile gegenüber dem deutschsprachigen Krimi werden mit Bravour erfüllt, was auch schon eine Leistung genannt werden kann.

Titelbild

Roger Strub: Flüchtiges Geld. Krimi.
Pendragon Verlag, Bielefeld 2012.
218 Seiten, 9,95 EUR.
ISBN-13: 9783865323392

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