Ikone der Beatniks

Zu Woody Guthries „Dies Land ist mein Land“

Von Thomas NeumannRSS-Newsfeed neuer Artikel von Thomas Neumann

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Die Edition Nautilus hat Woody Guthries in den 1940er-Jahren erschienenen Klassiker der amerikanischen Antiliteratur „Dies Land ist mein Land“ neu aufgelegt. Damit kann sich das hier in der Übersetzung von Hans-Michael Bock und von Michael Kleff herausgegebene Buch beim Leser wieder nützlich machen. Will man es allerdings nur als Autobiografie des bekannten Folksängers lesen, ist dies zwar unterhaltsam, aber entspricht nicht dem komplexen Bedeutungszusammenhang, in dem sich das Buch behaupten muss.

Das Buch ist nach Woody Guthries wohl bekanntesten Song „This Land is My Land“ benannt und enthält die mit Anfang Dreißig von Guthrie verfasste Autobiografie, die eine Mischung aus autobiografischer Erzählung und literarisch umgeformten Erzählungen aus Guthries Zeit als Gelegenheitsarbeiter, Straßensänger und Tramp beinhaltet. Man hat auf diese Neuauflage des schon 2001 bei Nautilus erschienenen Bandes auf die 1977 bei Zweitausendeins erschienene ersten deutsche Übersetzung zurückgegriffen und eine Aktualisierung des Buches in mehrfacher Hinsicht unternommen. Der Herausgeber Michael Kleff hat die Übersetzung des Vorwortes von Billy Bragg übernommen, dazu ein sehr kenntnisreiches und nutzbringendes Nachwort geschrieben und den Band mit einer Biblio- und einer Diskografie versehen.

In dem Nachwort fasst Kleff die heutige Bedeutung Guthries treffend zusammen. Mit Lou Reed, dem ehemaligen Mitglied von „The Velvet Underground“, bringt er es auf den Punkt: „Wenn man ein Stück von ihm aufnimmt, wird einem erst bewusst, wie zeitgenössisch Woody Guthrie noch immer ist, ein Gitarrenpicker mit drei Akkorden, aber mit den Gedanken eines Dichters und der nötigen Empfindsamkeit, um die Hymnen, Geschichten und Träume der Menschen, denen er begegnet oder die er erfand, in Worte zu fassen.“ So ist Woody Guthrie zu einer Zeit schon ein Popstar, als man den Begriff noch nicht erfunden hatte. Seine Popularität und seine künstlerische Kreativität sichern ihm einen Platz in der ersten Reihe der Singer-Songwriter und der amerikanischen Literatur. Dies sollte niemals außer Acht gelassen werden, wenn man sich mit Guthrie beschäftigt und vielleicht sogar die Missachtung im Ohr hat, die ihm immer noch in seinem Heimatstaat entgegen gebracht wird, wo er stets auf die Rolle des Kommunisten reduziert wird. Diese politische Reduzierung ist ebenso trivial, wie ihn als Protestsänger abzustempeln – und sich nicht mehr mit den literarischen Qualitäten seiner Texte auseinanderzusetzen.

Die Neuauflage dieses autobiografischen Textes macht einen Referenztext der Beatgeneration wieder verfügbar. Und dies ist gerade in Anbetracht der Neueditionen und Neuübersetzungen einiger Texte von Jack Kerouac, unter anderem seines Romans „On The Road“, von besonderer Bedeutung. Dem Buch seien viele Leser gewünscht, die es als gelungenen Anlass für den Beginn einer Reise in die amerikanische Gegenliteratur nutzen könnten.

Titelbild

Woody Guthrie: Dies Land ist mein Land. Autobiografie.
Übersetzt aus dem Englischen von Hans-Michael Bock.
Edition Nautilus, Hamburg 2012.
444 Seiten, 19,90 EUR.
ISBN-13: 9783894017668

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