Nervenzerreißend

Anne Goldmanns „Triangel“ will ein psychologisch hochgespannter Krimi sein

Von Walter DelabarRSS-Newsfeed neuer Artikel von Walter Delabar

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Ja, was macht man, wenn man im Garten ein Skelett findet, wenn man mit dem Bagger ein bisschen darin herumfuhrwerkt, wegen des Wintergartens, den irgendwer verhindern will? (Wie eigentlich?)

Natürlich, man wirft es in den Müll oder ins Moor, oder sonstwohin, weil man keinen Ärger will. Und dann kommt frau natürlich nicht mehr zu Ruhe. Das macht einem die Nacht kaputt und den Nachtschlaf, klar, was sonst: „Sie erwachte mit einem Schrei“ und nicht nur das: Sie „fuhr hoch“, was auf Dauer auch nicht gesund ist.

Und wie ist das Leben so als Frau, die als Vollzugsbeamtin in der Strafanstalt arbeitet? Hart, wie auch anders. Also „wappnet“ sich die Heldin jedesmal, wenn sie in die Abteilung geht. Klar. Denn immerhin kriegt frau da Sachen zu hören wie anno dunnemal auf dem Segelschiff: „Ich hab keine Freude mit euch Weibern hier. Alles kommt in Aufruhr: die Kollegen, die Insassen. Die Arbeit leidet.“ Soll sie leiden.

Dagegen lässt sich immerhin was machen, zum Beispiel die folgende Widerrede: „Ich finde Sie respektlos, anmaßend und laut“ und so weiter. Das ist doch mal was und gleich der Anfang einer wahren und lang anhaltenden Freundschaft. Eine Frau, die sich so was traut, kann so verkehrt nicht sein in der Männerwelt Knast, was immer sie dahin getrieben hat, was wir vielleicht nicht wissen wollen, aber erfahren werden.

Und wenns dann so weiter geht und der Stress (wegen der Knochen, das Haus muss eine schlimme Vorgeschichte haben) immer größer wird, dann nimmt sogar Frau ab, was dann zu Bemerkungen von den Kollegen führt.

Was ist mit den Kerlen überhaupt, denen drinnen und draußen? Sie sind entweder angeekelt, zu Tode gelangweilt von ihren Frauen und/oder schlagen sie. Und habens hinterher nicht so gemeint oder ihnen sind die Nerven durchgegangen. Am liebsten stellen sie Frauen übrigens nach, sie belügen sie sowieso, oder sie jagen gleich: „Hassler nahm Witterung auf. Er war wieder rauf der Jagd.“ Ja, das kann man sich gut vorstellen, was der Hassler da macht.

Und der Mörder? „Ist ein Psychopath. Durchschnittlich, Unauffällig. Durchgeknallt.“ Die Opfer: „Zwei junge Frauen. Beide bildhübsch. Mussten sterben, weil sie ihn abgewiesen haben.“ Der Grund? „Dominante Mutter?“ „Klar, das Übliche.“ Was entweder ironische Übertreibung sein oder auch nur Souveränität demonstrieren soll.

Mit wem verstehen sich Frauen am besten? Mit ihrer besten Freundin, mit wem sonst, dies aber auch nicht leicht hat, was dann in extenso vorgeführt wird. (Ein Klischee ist ein Klischee ist ein Klischee. Und das bleibt es wohl jeden Krimi lang.)

Was ist einem Krimi zu halten, der sich im Spannungsaufbau vertrödelt? Naja, nach knapp der Hälfte der „Triangel“ gibt es außer Innenleben von egal was kaum etwas anderes. Am Ende gibt es zwei Tote, und es sind die Männer, die es nicht bringen, weil ihr Verhältnis zu Frauen gestört ist (wegen Ekel, Langeweile, Eifersucht).

Wir können zwischen den guten und den bösen Vollzugsbeamten unterscheiden, und wir wissen, dass auch die guten ihre dunklen Seiten haben. Wir lernen Leute kennen und vergessen und wir fragen uns immer seltener, warum wir das lesen, was wir gerade lesen.

Und dabei sollte es dann auch gut sein dürfen, oder fast: Leblose Figuren (das ist schon fast eine Stilblüte, besser lieblos gezeichnete Figuren?) und eine uninspirierte Handlung, die auf einen drögen Plot gesetzt wird, auch noch behäbig mit Sprache zu malträtieren – man könnte glatt Mitleid mit den armen Buchseiten bekommen, die immerhin aus säure- und chlorfreiem Papier bestehen und möglicherweise noch ein paar hundert Jahre überstehen.

Man stelle sich vor, es gibt eine Katastrophe, und dieses Buch bleibt als einziges übrig. Und der letzte verbliebene Mensch hat nur einen Zeitvertreib, dieses Buch immer wieder zu lesen. Ein ganzes Leben lang, bis es endlich auch ihn erwischt. Eine wirklich schwarze Utopie. So etwas hat sich nicht einmal Arno Schmidt ausgedacht, der wollte wenigstens ein bisschen Spaß haben, selbst beim Schreiben (was man ihm kaum ansieht auf Fotos).

Was hilfts also? Immerhin liegt das Buch jetzt da, ist einigermaßen gelesen und soll auch noch besprochen sein. Aber auch da ist dieses Buch sehr, sehr hilfreich. Immerhin finden sich darin Sätze wie die folgenden: „Die Vergangenheit war nicht mehr zu verändern. Am besten, man ging einfach weiter. Tat, was zu tun war, verwischte die Spuren, schrieb Teile der Geschichte um, bis sich niemand mehr daran erinnerte, wie es wirklich gewesen war. Verdrängte, bis man selber vergaß.“

Tun wir also, was zu tun ist.

Titelbild

Anne Goldmann: Triangel.
Argument Verlag, Hamburg 2012.
266 Seiten, 11,00 EUR.
ISBN-13: 9783867542029

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