Heiliges Blechle

Eckhard Henscheids gotteskundlicher Roman „Aus der Kümmerniß“

Von Helge SchmidRSS-Newsfeed neuer Artikel von Helge Schmid

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Der Erzähler Eckhard Henscheid liegt dem Rezensenten nicht; keine Ahnung, weshalb man sich dessen grobschlächtige Literaturverweigerungen immer wieder antut. Wobei sein Erzählungsband „10:9 für Stroh“ (1998) vor Jahren sehr eindrucksvoll war. Jetzt hingegen scheint der Autor aus der Oberpfalz (Jahrgang 1941) vollends ‚narrisch‘ geworden zu sein. Denn 300 Jahre nach Leibniz hat er eine Theodizee verfasst, um von GOttes „erquickender Bonität“ zu künden, GOttes Widersacher (von Satan bis Pumuckl) hingegen in ihre Schranken zu weisen.

Zu Beginn seines postmodernen Examens Theologiae Mysticae Veteris Et Novae erzählt Henscheid von GOttes Absentia, seiner Abwesenheit als Weltferne und „Tauchstation“ (vulgo vom Deismus), am Ende feiert er GOttes Rückkehr und Wiederkunft, ins Bayerische vor allem, wo er, GOtt, mit dem Pfarrer von Hinterpommelsbrunn-Wurstlhausen viel Zeit zu verbringen scheint.

Henscheids Unsinns-Kompilation aus Stimmen von Elias (circa 850 v. Chr.) bis Rilke (circa 1875 n. Chr.) als „Roman“ zu bezeichnen, ist das gute Recht von Autor und Verlag. Erzählt wird hier jedoch wenig, reflektiert viel und insinuiert ständig. Und auch das Stilregister – von erhaben über umgangssprachlich bis derb (vom neutralen „Gott in der Höhe!“ bis zum unflätigen „gottverfickt“) –, die Erzählweise und die Sprechsituation deuten eher auf Textsorte(n) der Reflexion (Essay, Polemik, Traktat, Erbauungsschrift) als auf Genres der Unterhaltung. Wie es scheint, wildert Henscheid in esoterischen Gehegen und Gefilden, die bislang Eugen Drewermann, Peter Sloterdijk und Martin Mosebach vorbehalten waren. Und auf Sprache kommt es ihm hier wohl zuletzt an, sie wird auch nicht sonderlich gut beherrscht, sondern versteckt ihre Mängel hinter dem Henscheid-typischen Bramarbasieren:

„33 Großkampfschiffe und Panzerkreuzer rückten nun gegen Satan vor, begleitet von 14 Hochsee-Panzerschiffen, sieben Küstenpanzerschiffen und gut 100 000 kleinen Panzern, dazu 102 Torpedogroßboote mit Volltakelage des Typs der Skagerrakschlacht, dazu weitere Kanonenabwehrboote und ein von Sebaoth kurzfristig durchgepeitschtes Großflottenflaggschiff ohne-gleichen.“

Der Ernst Jünger der zeitgenössischen Gotteskunde übt sich in kriegerischer Rabulistik: „Denn also hat Gott die Welt geliebt, dass er sich auch späterhin noch wiederholt veranlaßt sah, Satanas entschlossen die Zähne zu zeigen, wider den Bengel Belial erbarmungslos zurückzuschlagen, Luzifer auszubooten oder aber wahlweise ein Bein zu stellen.“ Den Kampf zwischen alter und neuer Rechtschreibung jedenfalls hat er schon verloren.

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Eckhard Henscheid: Aus der Kümmerniß. Ein gotteskundlicher Roman.
Wildleser Verlag Klaus Gasseleder, Erlangen 2012.
168 Seiten, 19,80 EUR.
ISBN-13: 9783923611447

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