Ein weiblicher James Bond

In Ian Hamiltons Roman „Der Jünger von Las Vegas“ jettet Ava Lee wieder um die Welt, um gestohlene Millionen wiederzufinden

Von Georg PatzerRSS-Newsfeed neuer Artikel von Georg Patzer

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Bei Ava Lee teilen sich die Geschmäcker. Aber das war bei flotter Unterhaltungsliteratur immer schon so. James Bond ist für die einen ein spannender Zeitvertreib, für die anderen eine Ansammlung von Unmöglichkeiten und Unwahrscheinlichkeiten. Superman begeistert die einen und lässt die anderen gähnen.

Auch im zweiten Fall um Ava Lee, „Der Jünger von Las Vegas“, geht es zu wie im ersten, „Die Wasserratte von Wanchai“: Eine hübsche, schlagkräftige und skrupellose Ermittlerin, ein internationaler Fall, in dem es um Millionen Dollar geht, die Lee wiederbeschaffen muss, ein paar hinterlistige Bösewichte und das internationale Flair.

Wie immer bekommt Lee auch hier den Fall von ihrem „Onkel“ zugeteilt, ein in alle möglichen Kreise gut vernetzter geheimnisvoller Chinese. Diesmal hat der reichste Mann der Philippinen, ein Geschäftsmann aus Manila, festgestellt, dass seine Niederlassung in Kanada 50 Millionen Dollar für Immobilien ausgegeben hat, die es gar nicht gibt. Natürlich hat jemand das Geld gestohlen, es irgendwie aus dem normalen Geschäftsgang abgezweigt. Dummerweise wird die kanadische Niederlassung vom Bruder des Betrogenen geführt. Ava findet schnell heraus, dass er im Internet gepokert hat und 50 Millionen Dollar verloren hat, und sie findet auch heraus, durch einige Helfer, die sich mit der Technik auskennen, dass er um das Geld systematisch betrogen wurde, von einem Profi.

Ihre diesmalige Reise geht zunächst ins Grenzgebiet der USA und Kanada, wo ein Indianerstamm, der ja nach US-Gesetzen Glücksspiel betreiben darf und zudem in beiden Ländern Zoll- und Steuerfreiheit genießt, viele Online-Poker-Seiten hostet. Der Führer des Stamms muss zur Zusammenarbeit mit Ava Lee allerdings auch erst einmal überredet werden. Allmählich stößt sie auf den Profispieler, der sich der „Jünger“ nennt, und der wird ihr Hauptfeind.

Wie im ersten Fall jettet Ava Lee auch hier durch die Welt, um das Geld wiederzubeschaffen, man kennt sich aus im Jet-Set, und wieder fährt sie ihren Charme, ihre Überredungskraft und auch ihre tödlichen Hände auf, um sich durchzusetzen. Hilfreich sind auch die Verbindungen ihres „Onkels“, der auch bei politischer Erpressung zu helfen bereit und fähig ist. Das alles hat durchaus etwas mit James Bond zu tun, oder eher noch mit Modesty Blaise, zumal Ava Lee eine geheimnisvolle Kampfkunst beherrscht, die sie ab und zu auch einsetzt. Diese Ingredienzien muss man ebenso mögen wie die manchmal etwas vorhersehbare Handlung, aber das ist ja auch bei James Bond so. Dass Hamilton das Tempo gesteigert hat, kommt dem Lesevergnügen allerdings sehr entgegen, dass er auf die etwas lang geratenen Beschreibungen der exotischen Schauplätze verzichtet hat, auch. Die Bücher werden sicher ihre Fans haben, die auf die nächsten beiden Folgen, die im nächsten Jahr erscheinen sollen, schon warten.

Titelbild

Ian Hamilton: Der Jünger von Las Vegas. Ein Ava-Lee-Krimi.
Übersetzt aus dem Englischen von Simone Jakob.
Kein & Aber Verlag, Zürich 2012.
368 Seiten, 19,90 EUR.
ISBN-13: 9783036956176

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