Beispiellos in der Geschichte

Interview mit Stefan Frank zu den Verheerungen des billigen Geldes, verzweifelten Sparern und zu seinem Buch „Kreditinferno. Ewige Schuldenkrise und monetäres Chaos“

Von Laslo ScholtzeRSS-Newsfeed neuer Artikel von Laslo Scholtze

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Einer verbreiteten Auffassung zufolge wurde der Keynesianismus in den 1970er- und 1980er-Jahren in Europa und den USA vom neo-liberalen Paradigma (Deregulierung und Privatisierung) abgelöst. Wenn Sie von den Finanzkrisen der jüngeren Zeit sprechen, kommt der Begriff „Neo-Liberalismus“ erstaunlicherweise kein einziges Mal vor. In Ihrem neuen Buch „Kreditinferno“ ist vielmehr die Rede von „Turbokeynesianismus“ – wieso?

Die Deregulierung der Finanzmärkte seit 1971 habe ich in meinem Buch Die Weltvernichtungsmaschine. Vom Kreditboom zur Wirtschaftskrise (2009) relativ ausführlich dargestellt: Von der Aufhebung der Goldbindung des Dollars im August 1971 über die Freigabe der Gebühren für Wallstreetmakler am 1. Mai 1975 bis hin zur Abschaffung jenes Gesetzes, das seit 1933 in den USA die Einlagenbanken von den an der Börse tätigen Investmentbanken getrennt hatte.

Zu dem, was ich Turbokeynesianismus nenne, steht das alles in keinem Widerspruch. Was man als Keynesianismus bezeichnet, ist ja die Idee, dass der Staat zu Zeiten guter Konjunktur Reserven anlegen solle, um in der Krise davon Ausgabenprogramme finanzieren zu können – eine Idee übrigens, die schon in den 1920er-Jahren im Schwange war und von Keynes nur aufgegriffen, also kopiert wurde. In der Praxis aber häufen die Regierungen selbst während des Booms neue Schulden an und müssen sogar die Zinszahlungen durch neue Kredite bestreiten. Das geht weit über Keynes hinaus. Richtig ist, dass Staatsausgaben nicht mehr das bevorzugte Mittel der Konjunktursteuerung sind. Seit den 1990er-Jahren ist an ihre Stelle der private Konsum getreten. Es entstand die Idee, dass das Wirtschaftswachstum von ihm abhinge (und nicht etwa von Investitionen, die die Produktion immer effizienter machen) und es Ziel der Notenbanken sein solle, diesen durch niedrige Zinsen zu befördern – also die private Verschuldung anzutreiben. Daraus entstand die Börsenblase von 1999/2000. Als diese platzte und sich eine Rezession einstellte, senkte die Federal Reserve radikal die Zinsen und erzeugte so die Immobilienblase der folgenden Jahre. Sie war der US-Notenbank und der Regierung sehr willkommen, da so, mit ausländischen Ersparnissen finanziert, der Anschein von wachsendem Wohlstand einige Jahre lang erhalten werden konnte. Es war aber gerade diese Politik, die zur Schuldenkrise geführt hat, mit der wir nun schon seit sechs Jahren zu tun haben. Nicht nur die Politik der USA, wohlgemerkt, sondern auch die der Europäer, die im Zuge der Euroeinführung die niedrigen Zinsen Deutschlands auch in Südeuropa eingeführt haben und dort einen Immobilienboom entfachten, der der Kern aller derzeitigen Probleme in Europa ist.

Nicht ganz unbedeutende Ökonomen wie die Nobelpreisträger Paul Krugman und Joseph Stiglitz sind der Auffassung, sogenannte „Sparmaßnahmen“ in Krisensituationen würden die Nachfrage schwächen, die Arbeitslosigkeit erhöhen und in die Rezession führen; es gäbe keine größere Volkswirtschaft, die jemals durch Sparmaßnahmen eine Krise überwunden habe. Sie bezeichnen diese Auffassung als „Mythos des Kaputtsparens“.

Krugman und Stiglitz haben nicht etwa deshalb eine solche Fangemeinde, weil sie erwiesenermaßen die besten Ökonomen wären, sondern weil sie über eine geballte Medienmaschine verfügen. Vor allem Krugman erreicht mit seiner wöchentlichen Kolumne in der „New York Times“ ein sehr großes Publikum. Darunter viele Leute, die keinen anderen Meinungen ausgesetzt sind und den von Krugman verbreiteten Unsinn glauben, etwa, dass eine vorgetäuschte Invasion aus dem Weltraum jede Wirtschaftskrise beenden könne, wenn sie zu schuldenfinanzierten Rüstungsmaßnahmen führe. Vor der Gründung der US-Notenbank im Jahr 1914 haben die USA jede Krise überwunden, indem die Staatsausgaben gesenkt wurden. Das erste Mal, dass eine Regierung von diesem Kurs abwich, war Anfang der 1930er-Jahre unter Präsident Herbert Hoover und seinem Nachfolger Roosevelt. Daraus wurde, wie wir wissen, die längste Depression der amerikanischen Geschichte. Japan hat die Politik der Krisenbekämpfung durch Staatsausgaben in den 1990er-Jahren ebenfalls angewandt und ähnliche Erfahrungen damit gemacht – nämlich sehr schlechte.

Vom „Mythos des Kaputtsparens“ spreche ich aus zwei Gründen: Erstens wird ja gar nicht gespart. Wenn Politiker vom „Sparen“ sprechen, meinen sie lediglich, dass sie weniger neue Schulden machen, als sie gern würden. Zweitens ist das Sparen nichts Schädliches, sondern das, was langfristig zu einem gesamtgesellschaftlichen Wohlstandsgewinn führt. Denn es zwingt die Produzenten, ihre Kosten zu senken und effizienter zu produzieren – dadurch steigen die Reallöhne, jede Generation hat einen höheren Lebensstandard als die vorherige.

Außerdem sorgt das Sparen dafür, dass die Mittel für die erforderlichen Investitionen auch vorhanden sind. Denn nur jener Wirtschaftsertrag, der nicht konsumiert wird, steht für Investitionen zur Verfügung. Dabei ist es übrigens egal, wer spart (ob der Unternehmer oder Arbeiter und Angestellte). Hauptsache, es wird überhaupt gespart. Auf dem Gipfel eines kreditgetriebenen Booms hingegen fehlen die Ersparnisse, was sich in der materiellen Sphäre in einem Mangel an Kapitalgütern und Arbeitskräften niederschlägt, die notwendig wären, um alle begonnen Investitionen zu Ende zu führen. Es kommt zur Krise, die desto länger anhält, je mehr Regierungen und Notenbanken versuchen, sie hinauszuzögern.

Bedeutet Ihr Plädoyer für solides Wirtschaften eine Zustimmung zur geforderten Austeritätspolitik von Merkel, Weidmann & Co.?

Im Falle Merkels ist es, wie gesagt, bloße Propaganda. Die Erfahrungen Russlands, der Türkei, Brasiliens, Bulgariens, Rumäniens und der Länder Südostasiens zeigen, dass Krisen nur sehr kurz sind, wenn mangels anderer Möglichkeiten gespart wird. Wenn, wie in Japan, die Notwendigkeit des Sparens nicht besteht, kann eine Krise ewig dauern.

Welche Bedingungen sind dies, die das Sparen nicht notwendig machen und die Krise auf Dauer stellen?

In Japan spart die Bevölkerung, und die Regierung gibt das Geld aus. Die Japaner sparen im internationalen Vergleich sehr viel, auch für ihre Altersvorsorge. Sie legen das Geld zum großen Teil bei der Postsparkasse an, welche damit Anleihen der Regierung kauft und so die Staatsschulden finanziert. Hätte Japan ein Außenhandelsdefizit und müsste sich Geld im Ausland borgen, wäre die Krise schon Anfang der 1990er-Jahre in eine ähnliche Richtung gegangen wie in Griechenland. Ein anderer Unterschied der beiden Länder ist, dass Japans Regierung am Kapitalmarkt in keinem so großen Konkurrenzkampf steht: Japaner, die ihr Geld in der eigenen Währung anlegen wollen, haben nicht sehr viele Optionen. Griechenland, Spanien, Italien und Portugal hingegen stehen bei der Kapitalaufnahme in direkter Konkurrenz zu Ländern wie Deutschland. Als es 2010 offensichtlich wurde, dass die länderspezifischen Risiken der europäischen Schuldner sehr verschieden sind, musste sich das auch in unterschiedlich hohen Zinsen niederschlagen – weil es anderenfalls keinen Anreiz gäbe, die riskanteren Anleihen zu kaufen.

In Ihrem Buch kritisieren Sie nicht nur Keynesianer. Auch Monetaristen nach Friedman attestieren Sie einen falschen Begriff von Inflation und der Funktion der Notenbanken. Auf welche Theoretiker stützen Sie sich?

Friedman war der Ansicht, dass die Depression der 1930er-Jahre zu verhindern gewesen wäre, wenn die US-Notenbank nur aggressiv genug die Geldmenge erhöht hätte. Das ist eine simplifizierende und mechanistische Argumentation wie man sie von sogenannten Keynesianern kennt: Es gibt angeblich zu wenig Geld – also ist alles, was man zu tun hat, dafür zu sorgen, dass es davon mehr gibt, und die Probleme hören auf. Man muss daran erinnern, dass Geld nur ein Instrument des Tausches ist: In Wirklichkeit werden Waren gegen andere Waren getauscht. Der Warentausch kann mit jeder gegebenen Geldmenge abgewickelt werden, es schafft gesamtwirtschaftlich keinerlei Vorteile, mehr Geld in Umlauf zu bringen, denn dadurch entstehen keine neuen Güter.

Richard Cantillon, der erste moderne Ökonom, hat schon im 18. Jahrhundert dargelegt, dass Inflation zu einem nur scheinbaren Wohlstandsgewinn führt, der in Wirklichkeit eine Umverteilung von Vermögen ist: nämlich von denen, die auf dem Markt höhere Preise zahlen müssen, aber zunächst nicht selbst von dem neugeschaffenen Geld profitieren, hin zu jenen, zu denen das neue Geld zuerst gelangt – in der heutigen Zeit sind das vor allem der Staat und die Banken. Der britische Ökonom Henry Thornton schrieb 1802 einen Satz, der genau anwendbar ist auf den Immobilienboom, den es in Südeuropa, Irland und Teilen der USA im letzten Jahrzehnt gab: „Als Folge des vom Gesetz gegen Wucher geschaffenen artifiziellen Zustands erhalten die Schuldner ihre Kredite zu billig. Das, was sie zu billig erhalten, verlangen sie in zu großer Quantität.“ Die vom Staat willkürlich und zu niedrig festgelegten Zinsen waren es, die zur Schulden- und Bankenkrise geführt haben.

Dem Zusammenhang zwischen dem Teilreservesystem der Banken – sie schaffen Umlaufmittel, ohne dass es entsprechende Ersparnisse gibt – und dem immer wiederkehrenden Zyklus von Boom und Krise gilt das besondere Augenmerk einer Schule der Ökonomie, die die „österreichische“ genannt wird – weil sie sich auf die subjektivistische Wertlehre Carl Mengers stützt und die meisten ihrer frühen Vertreter Österreicher waren. Ludwig von Mises („Theorie des Geldes und der Umlaufsmittel“, 1912; „Human Action“ 1949), Murray N. Rothbard („Man, Economy, and State“, 1962) und jüngst Jesus Huerta de Soto („Geld, Bankkredit und Konjunkturzyklen“, 2011) und Jeffrey M. Herbener („The Pure Time-Preference Theory of Interest“, 2011) zeigen sehr detailliert, wie der Boom zu Fehlinvestitionen führt, die a) nicht in Einklang mit dem langfristigen Konsumpräferenzmuster der Verbraucher sind, b) für deren Vollendung die Ressourcen fehlen und die c) darum abgebrochen werden, sobald die von den Banken begonnene Kreditexpansion sich verlangsamt und schließlich umkehrt – was früher oder später stets passiert. Der amerikanische Ökonom Murray Rothbard hat in seinem wegweisenden Buch „America´s Great Depression“ (1963) gezeigt, dass auch der Großen Depression eine Phase der Kreditexpansion in den 1920er-Jahren vorausging. Ausgelöst wurde sie durch eine Niedrigzinspolitik der Notenbank, die darauf zielte, es Großbritannien zu ermöglichen, das Pfund gegenüber dem US-Dollar wieder auf den Vorkriegsstand zu bringen. Im Europa unserer Zeit war die Idee, den ganzen Kontinent in den zweifelhaften Genuss der niedrigen deutschen Zinsen zu bringen, der Ausgangspunkt des Boom-Bust-Zyklus.

Bitte erklären Sie unseren Lesern noch einmal in Kurzform, warum ein Zuviel an Geld Volkswirtschaften schädigen kann, beispielsweise als von ausländischen Investitionen getriebener Boom in den südeuropäischen Staaten. Oder auch in afrikanischen Ländern infolge bedeutender Funde an Bodenschätzen.

Im derzeitigen Geldsystem kann neues Geld nur durch Kreditvergabe geschaffen werden, also durch mehr Schulden. Indem sie Kredite vergeben, schaffen die Banken neues Geld, das Giral- oder Buchgeld, welches schon vor zweihundert Jahren eine größere Bedeutung hatte als Banknoten und Münzen. Dass sie gezwungen werden können, das von ihnen in Umlauf gebrachte Buchgeld gegen gesetzliche Zahlungsmittel umzutauschen – und pleite sind, wenn sie das nicht können – ist das einzige, was sie davon abhält, in unbegrenztem Umfang Kredite zu vergeben. Leider hat der Staat durch die Einrichtung der Notenbanken und allerlei anderer Maßnahmen, mit denen er Bankenpleiten verhindern will, auch diese einzige Bremse im System der Kreditschöpfung entfernt. Die Folge war das, was man im Englischen moral hazard nennt: Es gab für die Banken keinen Anreiz zu vorsichtigem Handeln mehr, sondern der Staat hat im Gegenteil zu rücksichtsloser Kreditvergabe ermuntert. Das ist die Ursache aller Finanzübel.

Die Schuldenkrise ist die Folge. Für die Privathaushalte bedeuten Schulden: Sie konsumieren heute schon den Ertrag der Zukunft, und können dann in der Zukunft entsprechend weniger konsumieren. Eine ganze Gesellschaft kann so nicht verfahren. Die Kreditausweitung täuscht zwar eine dauerhaft erhöhte Nachfrage vor und schafft so bei den Produzenten den Anreiz, Investitionen zu tätigen, mit denen eine größere Nachfrage bedient werden kann. Wenn aber nicht gespart wird, fehlt es an den notwendigen Ressourcen, um sowohl die erhöhte Nachfrage nach Konsumgütern als auch die erhöhte Nachfrage nach Investitionsgütern durch gesteigerte Produktion zu decken. Es kommt zu einem Anstieg der Preise – der kein allgemeiner sein muss, sondern sich auf bestimmte besonders gesuchte Güter und Arbeitskräfte beschränken kann – der viele der eingeschlagenen Investitionen unrentabel macht. Die roten Zahlen in den Büchern sagen dem Unternehmer, dass seine Art, Arbeitskraft, Kapitalgüter und Rohstoffe zu kombinieren, von den Konsumenten nicht geschätzt wird, und er Wert vernichtet.

Da die knappen Ressourcen nicht ausreichen, um alle Projekte zu einem Ende zu führen, müssen in der Krise die aus Sicht der Konsumenten weniger dringenden (die darum verlustträchtig sind) abgebrochen und die Ressourcen zu den dringender gewünschten (und immer noch profitablen) umgeleitet werden. Worin besteht nun der Verlust? Durch die Geldschwemme kommt es zeitweilig zu verzerrten Preisen – also Tauschverhältnissen – die nicht die wahren Präferenzen der Konsumenten ausdrücken. Die Unternehmer reagieren aber auf die trügerischen Signale mit Investitionen, deren Scheitern zu einem teilweisen oder vollständigen Verlust jener fehlgeleiteten Ressourcen führt und so die ganze Gesellschaft ärmer macht. Die Krisenpolitik des Staates besteht dann darin, jenen Verlust auf Menschen zu verteilen, die für die während des Booms begangenen Fehler gar nicht verantwortlich sind – zum Beispiel die Sparer.

Sie weisen darauf hin, dass die Bürger, nämlich als Sparer, die größten Gläubiger des Staates sind. Die enormen Zinsen, die der Staat für seine Schulden aufbringen muss, kommen dennoch den meisten Sparern nicht zugute, oder?

Die Zinslast ergibt sich ja aus dem Zins und den Schulden. Die Zinsen, die die Sparer bekommen, sind bekanntlich nahe null. Nur weil der Schuldenberg so extrem hoch ist, müssen die Staaten jedes Jahr so viele Zinsen zahlen. In den letzten Jahren wurde gejammert, dass ein Land wie Spanien sechs Prozent Zinsen zahlen soll. Es ist völlig vergessen, dass die Leitzinsen selbst in einem Land wie Deutschland Anfang der 1990er-Jahre noch bei über acht Prozent lagen. Man stelle sich einmal vor, welche Auswirkungen es auf die Staatshaushalte haben wird, wenn die Zinsen eines Tages wieder steigen. Die Frage lautet: Wie lange wollen die Notenbanken das verhindern? Bis in alle Ewigkeit?

Es wird mancherorts behauptet, dass sich die Akkumulation des Reichtums in den Händen weniger durch die Krise (und seit der Krise) verstärkt habe. Wen sehen Sie als Krisen-Profiteure?

Ich sehe keine ausgesprochenen Krisenprofiteure, aber es gab zweifellos Profiteure des Booms – hier und in Südeuropa. Das waren sowohl die Banken, als auch die, die die zinsgünstigen Kredite aufgenommen haben und die, die das Geld als nächste bekommen haben, also zum Beispiel die Verkäufer von Ferienwohnungen auf griechischen Inseln. Die Vernunft sagt, dass Banken und Schuldner allein die Verluste zu tragen haben, die einigen von ihnen entstanden sind, als der Wind drehte. Aber wer groß und einflussreich genug ist, dem hilft der Staat. Aus gutem Grund wird diese Ungerechtigkeit beklagt. Staatshilfen sind immer ungerecht, weil sie immer nach der Willkür einiger Politiker und Bürokraten vergeben werden.

Wie kann nun ein durchschnittlicher Kleinsparer, sagen wir mit 100.000 Euro auf dem Konto, seine Ersparnisse vor dem von Ihnen skizzierten inflationären „Wahnsinn“ retten?

Besitzt der durchschnittliche Kleinsparer wirklich 100.000 Euro? Wie auch immer: Wenn es darauf eine klare Antwort gäbe, wäre seine Situation nicht so prekär. Die „Witwen- und Waisenpapiere“, die für ein Maximum an Sicherheit vier oder fünf Prozent Zinsen bieten, wurden vom Staat de facto abgeschafft – und das weltweit. Um überhaupt noch einen Kapitalertrag zu erzielen, müssen Sparer hohe Risiken eingehen. So etwas gab es in der Geschichte noch nie. Es ist gerade die vom Staat geschaffene Unsicherheit und Ausweglosigkeit, die die Sparer verzweifeln lässt.

Jeder Oberstufenschüler lernt, was es mit Photosynthese, mit Goethes „Faust“ und mit dem Wartburgfest auf sich hat. Doch selbst unter Akademikern wissen die wenigsten, wie unser Geld entsteht und unter welchen Bedingungen es in Umlauf kommt, et cetera.. Woran liegt das und wie ließe es sich ändern?

Die Antwort steckt bereits in der Frage: Wenn die Lehrer etwas nicht wissen, wie sollen sie es dann den Schülern beibringen? Man müsste also nicht nur die Lehrpläne ändern, sondern die Ausbildung der Lehrer gleich mit. Würde man nun aber einen entsprechenden Appell an die Kultusminister richten, hieße das wohl, den Bock zum Gärtner zu machen. Sie haben es vielleicht schon gemerkt: Ich halte nicht viel vom Staat. Ray Bradbury, der ihm bekanntlich ebenfalls sehr skeptisch gegenüberstand, sagte einmal: „Ich glaube nicht an Universitäten. Ich glaube an Büchereien.“

Bei literaturkritik.de dreht sich alles um Bücher. Bitte nennen Sie uns fünf Titel, die uns aus unserer selbstverschuldeten ökonomischen Unmündigkeit führen – oder zumindest einen Anfang dafür bilden – und die Lernwillige daher lesen sollten!

Hazlitt, Henry (1946): Economics in One Lesson: The Shortest and Surest Way to Understand Basic Economics (Siehe: PDF ) (deutsch: Economics! Über Wirtschaft und Misswirtschaft. – vergriffen!)

Dieses Buch möchte ich vor allen anderen empfehlen!

Rothbard, Murray (1990): What has Government done to our money? (Siehe: PDF ) (deutsch: Das Scheingeldsystem. Wie der Staat unser Geld zerstört)

Read, Leonard (1958): I, Pencil (deutsch: Ich, der Bleistift. Siehe:  PDF )

Der nur wenige Seiten langen, beinahe schon klassisch zu nennenden Essay, erklärt auf unterhaltsame Art das Wunder der arbeitsteiligen Produktion und öffnet so die Augen für etwas, dessen Vorzüge wir für selbstverständlich nehmen, das aber kein Mensch überblicken kann und über das sich kaum jemand Gedanken macht. Dabei ist es auch deshalb wichtig, sich der Probleme der Arbeitsteilung bewusst zu sein, da jede Krise eigentlich ein Koordinationsproblem ist.

Frank, Stefan (2009): Die Weltvernichtungsmaschine. Vom Kreditboom zur Wirtschaftskrise. (Siehe: Rezension )

Und mein aktuelles Buch „Kreditinferno. Ewige Schuldenkrise und monetäres Chaos“ (Siehe: Rezension ), welches für Sie der Anlass war, mich freundlicherweise zu befragen.

Titelbild

Stefan Frank: Kreditinferno. Ewige Schuldenkrise und monetäres Chaos.
Conte-Verlag, Saarbrücken 2012.
248 Seiten, 14,90 EUR.
ISBN-13: 9783941657595

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