Ein wilder Tanz mit Wahrheiten, Namen und fiktiven Haustieren

Über David Schalkos Roman „KNOI“

Von Martin GaiserRSS-Newsfeed neuer Artikel von Martin Gaiser

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Mit Steffen Slupetzky, Wolf Haas und Heinrich Steinfest, um nur kurz aus dem Stegreif drei Namen zu nennen, gibt es in der zeitgenössischen Unterhaltungsliteratur Vertreter einer ambitionierten und formal spielfreudigen Schreibe, deren Bücher überdies auch noch eine Menge Lesegenuss und -spaß vermitteln. David Schalko kann man dieser Kategorie ebenfalls zuordnen, ein Autor, der dem Rezensenten erst jetzt mit seinem dritten Roman „KNOI“ aufgefallen ist, der jedoch, neben seiner Arbeit als Regisseur, bereits seit sechs Jahren auch als Autor tätig ist. Mit dem Titel braucht man sich nicht lange aufhalten, neben Knois gibt es in diesem lustig-verwirrenden und sehr frei komponierten Sex- und Trennungs- und Therapie- und Paarroman auch noch Fahas, Waks und Zonz. Warum nicht? Muss man sich nicht dran stören, darf man sich dran freuen, gehört zum Spiel. Und gespielt wird in diesem Buch sehr viel, auch wenn Jakob und Rita, Jennifer und Lutz und Frau Doktor Haselbrunner so manche dramatische und existenziell bedrohliche Situation erleben und nicht immer meistern. Es geht drunter und drüber, das Beziehungs- und Betrugskarussell dreht sich flott, wobei nicht immer alles rund läuft. Und als dann Jennifer im Rollstuhl sitzt und der brave Leser denkt, es würde nun etwas ruhiger und freundlicher weitergehen, muss man gewärtigen, dass das kreative, gierige und sexbesessene Potenzial diverser Akteure noch lange nicht ausgeschöpft ist.

Dann und wann führt der munter fabulierende David Schalko noch eine weitere Person ein, die vorhandene Gefüge und Beziehungen erneut komplizieren, doch das hat der geneigte Leser bis dahin schon akzeptiert, freut sich auf das Kind Max, das bei all dem kopflosen Treiben die einzig verlässliche Konstante zu sein scheint. Auch wenn seine Fantasie schon sehr ausgeprägt ist, Künstlernatur vermutlich, vielleicht auch Alter Ego des Autors? David Schalko schafft es, seine Leser permanent in Bewegung zu halten, sein Stil hat etwas von einem improvisierenden Jazzmusiker, der sein Leitmotiv, sein Thema immer im Unterbewusstsein parat hat, doch sich davon auf souveräne und freie Weise lösen will. Direkte Rede, einander ins Wort fallende Figuren, dann Passagen beschreibenden Textes, das alles bruchlos arrangiert und collagiert – „KNOI“ ist ein absolut moderner und zeitgemäßer Roman, heterogen und ein wenig anarchisch, lustbetont und frisch. Ein Roman, der die Frage aufwirft, wie wohl Erzählungen oder Gedichte dieses 40-jährigen Wieners sind, seine Sprache, seine formale Freiheit würde wunderbar zu kleinen Anekdoten oder langen Prosagedichten passen. Was alles in „KNOI“ geschieht und erzählt wird, mögen alle Interessierten selbst lesen, denn die bloße Wiedergabe und Schilderung von Handlung ist bei diesem Buch einfach zu wenig, hier heißt es hopp oder topp, mag man oder mag man nicht, aber das liegt dann primär an der literarischen Form beziehungsweise an Schalkos Sprache. Also, ran an dieses geheimnisvolle Buch!

Titelbild

David Schalko: KNOI. Roman.
Jung und Jung Verlag, Wien 2013.
272 Seiten, 22,00 EUR.
ISBN-13: 9783990270455

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