Der Blick durch die Wand in den Kopf

Anmerkungen zu Michael Robothams Thriller „Erlöse mich“

Von Thomas NeumannRSS-Newsfeed neuer Artikel von Thomas Neumann

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Der Titel des neunten Romans von Michael Robotham verweist auf religiöse Motive. Und er verweist auf einen fanatischen Täter, der von religiösen Auffassungen getrieben wird. Ein Täter, so die Klappentextinformation für den Leser, der behauptet, ein Beschützer, ein Erlöser und ein Mörder zu sein. Letztendlich geht es aber um Verfolgung, Beobachtung und um eine sehr überzogene Form des Stalkings.

Marnie Logan fühlt sich beobachtet, kann dieses Gefühl aber nicht mit Fakten belegen. Sie wird verfolgt, aber es gibt keinen Hinweis auf den Verfolger. Außerdem ist ihr Mann Daniel vor einem Jahr spurlos verschwunden. Und er verschwand, während er eine Überraschung für seine Frau vorbereitete, bei der er in ihrer Vergangenheit recherchierte, alte Bekannte und vergessene Freunde aufsuchte und diese über seine Frau interviewte. Beim Recherchieren dieser Informationen verschwindet er spurlos. Keine Hinweise, keine Spuren, keine Leiche. Marnie wird von der Ungewissheit über den Verbleib ihres Mannes gequält. Außerdem hat er ihr fünfundzwanzig Tausend Pfund Spielschulden hinterlassen. Eine Lebensversicherung über dreihunderttausend Pfund wird nicht ausgezahlt, da nicht nachgewiesen ist, dass ihr Mann Daniel tot ist. Ein Kleinkrimineller setzt sie unter Druck, die Spielschulden zurückzuzahlen und zwingt sie, als Prostituierte bei einer Escort-Agentur zu arbeiten. Für Marnie läuft es nicht so gut, und sie versucht, mit ihren Kindern irgendwie zu überleben. Hilfe findet sie bei dem an Parkinson erkrankten Psychologen Joe O’Loughlin, der allerdings einige verborgene Geheimnisse bei seiner neuen Patientin vermutet. Bei den Recherchen über das Umfeld der neuen Patientin wird er von dem mittlerweile pensionierten Detective Vincent Ruiz unterstützt. Beide geben eines der interessantesten Ermittlerduos in der Krimilandschaft ab.

Michael Robotham entwickelt eine spannende Story. Der Leser merkt bald, dass es einen unbekannten „Beschützer“ von Marnie gibt, der seine Funktion als Aufpasser ein wenig zu ernst nimmt. Die Personen, die Marnie in ihrem Alltag Schwierigkeiten bereiten, verschwinden oder verunglücken nach und nach. Die Polizei findet keine Spuren, und der Unbekannte kann seine Mission ungehindert fortsetzen. Worin diese Mission besteht, ist dem Leser bis kurz vor Ende des Romans nicht bewusst. Robotham macht es spannend. Der Leser begleitet Marnie und die beiden Ermittler bei einem rasanten Showdown. Nebenbei liefert Robotham einen charmanten Eindruck von dem lokalen Schauplätzen in London. Dass der über Jahrzehnte fehlerlos agierende Stalker einige relativ unperfekte – und nicht nachvollziehbare Schritte unternimmt, sieht man der Fabel des Romans nach. Dies trübt weder die Spannung noch das Lesevergnügen dieses empfehlenswerten Thrillers.

Titelbild

Michael Robotham: Erlöse mich. Psychothriller.
Übersetzt aus dem Englischen von Kristian Lutze.
Goldmann Verlag, München 2014.
448 Seiten, 14,99 EUR.
ISBN-13: 9783442313174

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