Unbehagen der Gefühle – ein von Barbara Gruber und Veronika Ott herausgegebener Sammelband des „Zentrums für Gender Studies und feministische Zukunftsforschung“ widmet sich den vielfältigen Beziehungen zwischen Sexualität und Geschlecht

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Da „feministische Theoretiker_innen“ seit einiger Zeit zunehmend die These vertreten, eine „kritische Herrschaftsanalyse“ müsse „die Verwobenheit und Interdependenz von Sexualität und Geschlecht ins Zentrum rücken“, sei die Frage aufzuwerfen, wie eine solche Analyse aussehen könnte und ob „nicht notwendigerweise weitere herrschaftsförmige Strukturkategorien wie Race, Klasse oder Nationalität“ mitgedacht werden sollten, widmete das „Zentrum für Gender Studies und feministische Zukunftsforschung“ an der Phillips-Universität Marburg seine interdisziplinäre Ringvorlesung im Sommersemester 2013 dem Themenschwerpunkt „Sexualität“. Die für die Drucklegung „durchwegs stark überarbeitet und erweiterten“ Vorträge liegen nun als fünfter Band der Buchreihe des Zentrums „Geschlecht zwischen Vergangenheit und Zukunft“ vor. Die wissenschaftliche Geschäftsführerin des Zentrums Barbara Grubner hat den Sammelband gemeinsam mit der Soziologie-Promovendin Veronika Ott unter dem Titel „Sexualität und Geschlecht“ herausgegeben.

In den „einleitenden Bemerkungen“ zu dem vorliegenden Band legen die Herausgeberinnen dar, dass und warum die Beziehung zwischen den beiden titelstiftenden Phänomenen „schwierig“, wenn nicht gar „sperrig“, jedenfalls aber „unbehaglich“ sei. Im ersten Beitrag geht die Erziehungswissenschaftlerin Susanne Maurer „(De)Thematisierungen von Sexualität in Frauenbewegungen um 1900“ nach. Ihm folgt ein Text, in dem die Kulturantropologin Barbara Grubner „Schwerpunkte, Kontroversen und Blickwechsel“ in der feministischen Theoriebildung beleuchtet. Die derzeit über „Subjektivierung und Rassifizierung als das ‚Andere‘“ promovierende Erziehungswissenschaftlerin Denise Bergold-Caldwell erörtert hingegen „Rassifizierungen Schwarzer Frauen über und durch Imaginationen des Sexuellen“ und die Wiener Politikwissenschaftlerin Gundula Ludwig nimmt „staatstheoretische Perspektiven auf die rassisierende Grammatik des westlichen Sexualdispositivs“ in den Blick. Die Berliner Juristin Juana Remus entfaltet ein „Beispiel für Regulierung und Normierung von Sexualität im Recht“, Mitherausgeberin Veronika Ott betrachtet Prostitution im Zusammenhang mit der „Ordnung der Sexualität“ und die in Berlin tätige Religionswissenschaftlerin Márcia Elisa Moser untersucht das Verhältnis von „Religion und Sexualität“. Der inzwischen pensionierte Germanist Thomas Anz belehrt die Literaturwissenschaft darüber, was sie „immer noch von der Psychoanalyse lernen kann“. Im letzten Beitrag verortet die promovierte Pornographie-Forscherin Nina Schumacher die „Porn Studies zwischen Ent-Pornographisierung und Pluralisierung“.

R. L.

Anmerkung der Redaktion: literaturkritik.de rezensiert nicht die Bücher von Mitarbeitern der Zeitschrift sowie Angehörigen der eigenen Universität. Deren Publikationen können hier jedoch gesondert vorgestellt werden.

Titelbild

Barbara Grubner / Veronika Ott (Hg.): Sexualität und Geschlecht. Feministische Annäherungen an ein unbehagliches Verhältnis.
Ulrike Helmer Verlag, Sulzbach/Taunus 2014.
200 Seiten, 19,00 EUR.
ISBN-13: 9783897413634

Weitere Rezensionen und Informationen zum Buch