Zum 100. Geburtstag von Ingrid Bergman

Birgit Haustedt portraitiert die schwedische Filmdiva

Von Stefanie LeibetsederRSS-Newsfeed neuer Artikel von Stefanie Leibetseder

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Am 29. August 2015 jährt sich der 100. Geburtstag von Ingrid Bergman. Deswegen haben nicht nur die Filmfestspiele in Cannes mit ihrem Porträt geworben, sondern ihre Tochter Isabella Rossellini hat auch einen dickleibigen Fotoband zur Erinnerung an Hollywoods Ikone herausgegeben.

Weniger umfangreich, aber nicht weniger anspruchsvoll in seiner eleganten Gestaltung ist das Buch von Birgit Haustedt. In  neun Kapiteln zeichnet es den Lebensweg der gebürtigen Schwedin nach, wobei sich die Autorin auf breitgefächerte Quellen bezieht, vor allem aber auf die Autobiografie der berühmten Film- und Theaterschauspielerin. Sicher hat Ingrid Bergman in dieser nicht alles in ihrem Leben offengelegt, da sie auf ihre vier Kinder Rücksicht nehmen musste, aber doch ein authentisches Bild desselben gezeichnet. Demzufolge ist dem- oder derjenigen, die mit Bergmans Buch vertraut ist, Vieles nicht neu, was man bei Haustedt lesen kann, aber es werden von der behüteten Kindheit der Künstlerin in Stockholm bis zu ihrem Krebstod an der Seite ihres dritten Ehemannes in London alle wichtigen Lebensstationen gut lesbar beschrieben.

Besonderes und verdientes Augenmerk gilt dabei der Frage der Vereinbarkeit zwischen einem forderndem Beruf und einer internationalen Patchworkfamilie. Diese stellt sich, wie Haustedt zu Recht schreibt, in dieser dezidierten Form in der Regel nur Frauen. Schlaglichtartig wird an Bergmans Person das hiermit verbundene Dilemma beleuchtet, sich einerseits ihrer Kunst und ihrem Publikum verpflichtet zu sehen und andererseits den Pflichten einer Mutter durch ihre häufige Abwesenheit nicht Genüge leisten zu können. Dieses Thema hat Bergman auch in ihren Fernsehinterviews immer wieder aufgegriffen. Meist hat sie es mit schlechtem Gewissen und Selbstbezichtigungen, eine schlechte Mutter zu sein, verbunden.

Davon abgesehen geben ihre Fernsehinterviews aber auch Zeugnis von dem Charme und der Ausstrahlung Bergmans. Ihre natürliche Schönheit kann man anhand der zahlreichen Schwarz-Weiß-Fotos aus Filmen und dem Privatleben der Diva im vorliegenden Buch nachvollziehen – sie scheint in ihrer zweiten Lebenshälfte sogar noch zuzunehmen. Gealtert ist Bergman erst mit ihrer Krebserkrankung, was sie nicht davon abhielt, noch einen letzten Film über Golda Meir zu drehen.

Nicht verschwiegen werden soll, dass Bergman einen hohen persönlichen Preis für ihren beruflichen Erfolg bezahlen musste, in erster Linie durch das Scheitern ihrer drei Ehen mit Petter Lindström, Roberto Rossellini und Lars Schmidt, aber auch durch die hiermit verbundenen Sorgerechtsprozesse um ihre vier Kinder, die sie jeweils ihren geschiedenen Partnern überließ.

Doch waren diese drei Ehen auf der anderen Seite auch Marksteine ihres persönlichen Emanzipationsprozesses, denn abgesehen vom dritten Ehemann wollten Bergmans Männer sie eher in der (damals noch nicht so) traditionellen Rolle einer berufstätigen Mutter sehen. Bei Rossellini kam noch künstlerische Konkurrenz hinzu, etwa als er ihr verbat, mit anderen Regisseuren zu arbeiten. Ihr Beruf und das hiermit verbundene Einkommen machte Bergman frei von derartigen Besitzansprüchen, war aber wie beschrieben mit gravierenden Folgen für ihr Privatleben verbunden.

Ihr selbst ging es, wie der letzte Satz des Buches sagt, nur darum, ihre Arbeit so gut wie möglich zu machen.

Titelbild

Birgit Haustedt: Ingrid Bergmann.
ebersbach & simon, Berlin 2015.
112 Seiten, 24,95 EUR.
ISBN-13: 9783869151007

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