Mit Goethe durch das Jahr III

Jubiläen, Feiertage, runde Geburts- und Todestage, besondere Anlässe aller Art stiften Ordnung im Alltag, dienen der Erinnerung oder fordern dazu auf, Bilanz zu ziehen. Politik und Kulturindustrie haben sich eigene Jahrestage geschaffen - den ersten Mai etwa, den Welttag des Buches oder den Muttertag. Das Goethe-Jahr 1999 schlägt alle Rekorde und es zeigt, daß hier ein Klassiker im Gespräch ist und nicht erst "wiederbelebt" werden muß. Eindrucksvoll belegt dies Wulf Segebrecht, der - seit Jahrzehnten, muß man schon sagen - die Goethe-Rezeption in der Dichtung systematisch erforscht. Er kann wenigstens 300 Parodien zu Goethes Gedicht "Wanderers Nachtlied" ("Über allen Gipfeln ist Ruh") nachweisen. Auch in der zeitgenössischen Produktion referieren zahllose Dichter und Gedichte auf Goethe. Was aber macht den Reiz aus, sich gerade auf ihn zu beziehen? In seinem Essay untersucht Wulf Segebrecht die unterschiedlichen Anlässe, Motivationen, Geschmäcker, Intentionen und kommt zu der These, daß der Olympier für viele Autoren vor allem ein Reibungspunkt ist und mitunter ein Ärgernis, "sperriger als vor allem Hölderlin oder Brecht".

Spuren einer "Haßliebe zu Goethe" registriert auch der Hinweis auf das schon 1998 erschienene Schiller-Handbuch. Als durch und durch vorbildhaft beschreibt hingegen Geret Luhr Rainer Wilds Studie der klassischen Lyrik Goethes. Nicht ganz so vorbildlich fällt die Goethe-CD-Rom der Stiftung Weimarer Klassik aus, die Dirk Fuhrig für "literaturkritik.de" rezensiert hat. Bemüht, aber auch mit Mängeln behaftet, so etwa wäre sein Befund zu resümieren.

literaturkritik.de Redaktion