Der Magier

Hermann Hesses Fragmente zu einem Roman

Von Matthias KaterbowRSS-Newsfeed neuer Artikel von Matthias Katerbow

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

"Denn seine Prosa wirkt in einem Zauber fort.". Pünktlich zum 125. Geburtstag erscheint heuer in der Bibliothek Suhrkamp "Der Zauberer" von Hermann Hesse. Dieses kleine Büchlein beinhaltet Fragmente eines 1921 von Hesse geplanten Romans. Darunter finden sich auch die als Einleitung gedachte Skizze "Der Zauberer" und Fassungen unter dem Titel "Kurzgefasster Lebenslauf" und "Kindheit des Zauberers".

Der stark autobiographische Inhalt weckt die Lust, mehr über das Leben und Werk des späteren Nobelpreisträgers (1946) zu erfahren. Für den versierten Hesse-Leser stellen diese kurzen Skizzen wenig mehr als eine wunderlich zauberhafte Erzählung von Kindheitsjahren dar, weil die Persönlichkeit Hermann Hesse mit seinen notorischen Selbstzweifeln, Krisen und Depressionen außen vor bleibt.

Vielmehr finden sich Indiziene für den großväterlichen Einfluss auf den Ich-Erzähler. "Der Alte, Gewaltige, im weißen breiten Bart, allwissend, mächtiger als Vater und Mutter" wirkt nicht von ungefähr außergewöhnlich und prägend auf den jungen Hesse. Der in Indien als Missionar tätige Großvater mütterlicherseits und spätere Verlagsleiter ließ das Verlagsgebäude zu jener eigenartig verzauberten Welt werden, die Hesse zeitlebens im Gedächtnis behielt und der er in seinen Büchern wieder und wieder ein Denkmal gesetzt hat.

"Viele Welten kreuzten ihre Strahlen in diesem Haus", und der Großvater war und blieb bis zu seinem Tode der Brennspiegel aller jener Strahlen.

Mit wundersamer Klarheit und Einfalt des Stils werden die Knabengedanken in der bekannten Stimmungsmalerei von dem Dichter beschrieben. Der Leser erfährt empfindsam die ganze Attraktivität der kindlichen Welt des Heranwachsenden und wird sich an seine eigenen Kindheits- und Jugendjahre erinnert fühlen, wenn es heißt: "Es gab ein ungeheuer großes, schweres Buch im Büchersaal meines Großvaters, darin suchte und las ich oft. Es gab in diesem Buch alte wunderliche Bilder - oft fielen sie einem gleich beim ersten Aufschlagen hell und einladend entgegen, oft suchte man sie lang und fand sie nicht, sie waren weg, verzaubert, wie nie dagewesen. " Die kindlichen Zauberkünste verlieren sich alsbald und erst viel später als Schriftsteller spricht Hesse davon, die Wiederkehr des kindlichen Zaubergefühls im Dichten neugefunden zu haben.

Herausgeber Bernhard Zeller fasst in seinem informativen und mit Hesse vertrauten Nachwort zusammen: "Die Frage jugendlichen Erlebens und Verhaltens vor allem beim Schritt über die Schwelle, die aus den magischen Bezirken der Kindheit in die sogenannte wirkliche, die bewusste erfahrene Welt und dann zur Anpassung an diese Wirklichkeit führt, ist Gegenstand der Geschichte".

Für den engagierten Leser eignen sich diese Texte besonders gut, um Hesses Arbeitsweise anhand der drei Versionen kennen zu lernen. Für Interessierte am Leben des Künstlers eignen sich eher Ausgaben mit gesammelten Briefen oder die instruktive Biographie von Alois Prinz aus dem Jahr 2000.

Titelbild

Hermann Hesse: Der Zauberer. Ein Fragment.
Herausgegeben von Bernhard Zeller.
Suhrkamp Verlag, Frankfurt a. M. 2001.
150 Seiten, 12,70 EUR.
ISBN-10: 3518223410

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