10.000 Jahre (Comic-)Glück!

Das Magazin "Banzai"

Von Timo KozlowskiRSS-Newsfeed neuer Artikel von Timo Kozlowski

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

In Sachen (populäre) Kultur aus Fernost ist Deutschland momentan ein Schwellenland. Der Goldene Bär für Hayao Miyazakis Animationsfilm "Spirited Away" auf der diesjährigen Berlinale mag im Kino auf einen allmählichen Wandel in Deutschland hindeuten. Comics aus Japan, Manga genannt, haben schon seit mehreren Jahren auch hierzulande viele Leser. Der Hamburger Carlsen Verlag, Pionier für Mangas, hat "Banzai!" gestartet - ein monatliches Magazin für japanische Comics.

Manga-Magazine gehören in Japan zu den beliebtesten Druckartikeln. Schon in den 80er Jahren stand im Guiness-Buch der Rekorde, dass im Land der aufgehenden Sonne mehr Papier für Comics als zur Herstellung von Klopapier verbraucht werde. Mangas erscheinen in Magazinen als Serien und werden erst dann als Comicalben veröffentlicht, wenn sie eine entsprechend große Fangemeinde gefunden haben. Also umgekehrt wie in Deutschland, wo Comics mit langen Geschichten als eine Serie von eigenen Büchern publiziert werden.

Allerdings waren Mangas lange Zeit eine rein japanische Angelegenheit, da sich die japanischen Zeichner nicht an amerikanischen oder franko-belgischen Comics orientiert, sondern einen spezifisch japanischen Stil geschaffen haben. Bekannt geworden ist dieser Stil in Deutschland, als in den 70ern die ersten Zeichentrickserien aus Fernost im deutschen Fernsehen gezeigt wurden: "Captain Future" und "Heidi" sind der Generation Golf ins kulturelle Rückenmark übergegangen, und die Eltern hatten (mal wieder) das Ende des Abendlandes kommen sehen. So ähnlich wie in ihren Generationen der Rock'n'Roll oder die "Beatles".

Die Flut an fernöstlichen Zeichentrickserien ist allerdings schnell verebbt, und erst in der Mitte der 90er gab es wieder ein lebhaftes Interesse für japanische Popkultur. Die Manga-Euphorie begann in Deutschland mit der Veröffentlichung von Akira Toriyamas Serie "Dragon Ball". Heute hat die Japan-Abteilung im deutschen Comic-Markt den größten Anteil. Mittlerweile sind die meisten der Comicverlage dazu übergegangen, Mangas in japanischer Leserichtung zu veröffentlichen. Für westliche Leser bedeutet das, dass man den Comic sozusagen von hinten nach vorne liest. Auch das Magazin "Banzai!" ist so veröffentlicht worden.

Neben der Hauptsache, den Comics, arbeitet die "Banzai!"-Redaktion den Inhalt auch auf. In jeder Ausgabe wird eine Serie näher vorgestellt. Dies geht glücklicherweise über eine nichtssagende Kurzcharakterisierung der Figuren hinaus. Die Redaktion erklärt auch Anspielungen auf japanische (Alltags-)Kultur als Hintergrundinformationen. Wer in Deutschland weiß schon, worauf der Name der Comic-Figur "Naruto Uzumaki" anspielt. Uzumaki bedeutet Spirale oder Wasserstrudel und Naruto ist der Name einer Meeresenge in Japan, in der es besonders häufig Uzumaki gibt. Und tautologischerweise trägt Naruto Uzumaki ein Stirnband mit einer Spirale. Zusätzlich wird auch der Zeichner anhand von Interviewschnippseln vorgestellt und und auf dessen stilistische Besonderheiten hingewiesen.

Gerade damit hat der Carlsen Verlag eine Lücke geschlossen. Die Verhaltensweisen mancher Manga-Figuren sind für Leser aus dem Westen schwer zu verstehen, während japanische Leser daran keinen Anstoß nehmen. Hoffentlich weckt "Banzai!" bei Manga-Neulingen so viel Interesse, dass auch andere japanische Kulturgüter den Weg nach Deutschland finden.

Banzai ist übrigens ein japanischer Glückwunsch, der wörtlich bedeutet: 10.000 Jahre. So lange soll das Glück anhalten.

Titelbild

Banzai. Comic.
Carlsen Verlag, Hamburg 2001.
248 Seiten, 3,10 EUR.
ISBN-10: 3551757313

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