Phantasmagorie

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Ein Ahnungsloser irrt durch eine menschenleere Stadt, in der alles Leben erstarrt und seelenlos scheint. Ist er der einzig Überlebende einer nuklearen Katastrophe, die Marionette einer höheren Macht (wie in der "Truman Show") oder bewegt er sich lediglich in den Räumen einer Bewusstseinsverschiebung, die durch einen Alptraum oder einen schlechten Trip verursacht wurde? Im Debütroman des Berliner Komponisten und Pianisten Yorck Kronenberg geschehen viele mysteriöse Dinge, die rauschhaft und anarchisch wirken. Auf der Bühne dieses absurden Theaters verblassen Bilder, sprechen und handeln Menschen wie Fragmente ihrer Existenz, mutet vieles unwirklich an, obwohl die Kulissen unverändert scheinen. Die Hauptfigur befindet sich in einer Krisensituation, in einer "Zeit der Einsamkeit", in der sich ihre Verzweiflung an der Grenze zwischen Realität und Halluzination bricht. Ist dieser ganze Wahnsinn nur eine Fiktion, die Erfindung einer spektakulären Geschichte und poetischer Ausdruck einer existentiellen Situation? Am Ende wird in einem Anhang etwas Licht in die Nachtseite dieser Phantasmagorie gebracht, der man vielleicht noch etwas mehr Mut zur Radikalität gewünscht hätte. Aber Yorck Kronenberg ist mit seinem Erstling ein durchaus reizvolles, anspielungsreiches Nocturno gelungen.

T.K.


Titelbild

Yorck Kronenberg: Welt unter. Roman.
Edition Nautilus, Hamburg 2002.
128 Seiten, 15,80 EUR.
ISBN-10: 3894013877

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