Elvis Speaks

Ein Elvis-Presley-Hör- und Scrap-Buch erinnert an den King of Rock'n'Roll

Von Helge SchmidRSS-Newsfeed neuer Artikel von Helge Schmid

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Elvis lebt, Elvis ist Kult. Ob als Elvis-CD, Elvis-Haircut, Elvis-Monopoly, Elvis-Puppe, Elvis-Scrapbook - Elvis Presley ist dieser Tage alles, was der Fall ist. Ein besonders schönes Beispiel der Elvis-Verehrung und -Vermarktung ist das kombinierte CD-Materialien-und Devotionalienbuch "Elvis 1935-1977", das pünktlich zum 25. Todestag des Entertainersbei Goldmann in München erschienen ist.

Autor Robert Gordon bietet ein Album voller Überraschungen: Sein Buch ist quasi ein Devotionalienladen zum Blättern. Auf jeder zweiten Seite ist ein Faksimile eingelegt oder eingeklebt: Der erste Plattenvertrag, ein Entwurf zu einem Karatefilm, Sozialversicherungsausweise, Autogramm- und Konzertkarten, faksimilierte Briefe und Telegramme, Film- und Konzertplakate im Kleinformat, Football-Spielskizzen und anderes mehr. Das Buch dürfte eine besondere Herausforderung für jeden Hersteller gewesen sein: Ein bedruckter und bebildeter Schuber schützt den Buchkörper und hilft verhindern, dass Teile des Elvis-Materials verloren gehen; Butterbrotpapier schützt die empfindlichen, silber gestrichenen Vorsatzpapiere; ein Daumenkino ("John's Pocket-Movie") im unteren rechten Eck zeigt, wie Elvis sich auf der Bühne bewegte, RCA-Plattencover dokumentieren teils erstaunlich hohe graphische Standards, die in ihren besten Entwürfen ("Heartbreak Hotel", "Hound Dog", "Back in Memphis", "In the Ghetto") an die Ästhetik des Blue Note-Labels heranreichen.

Eine Buchlaufkarte der Humes High School Library mit Presleys Unterschrift hat sich ebenso erhalten wie ein Liebesbrief des 23-Jährigen an seine Freundin Anita Wood. Ein Cover der Jugendzeitschrift BRAVO präsentiert einen verträumten Elvis zum Verlieben, Clippings aus den Sammelalben von "Colonel" Thomas A. Parker, Elvis' Manager, bezeugen die weltweite Wirkung des "King of Rock'n'Roll". Fotos vom 'hässlichen', aufgeschwemmten, tablettenkranken, zeitweilig 250 Pfund schweren Koloss der 70er Jahre fehlen hingegen ganz - der Elvis-Clan um Priscilla und Lisa Marie haben dafür gesorgt, dass sie nicht weiter verbreitet werden.

Die Hersteller haben ihre Aufgabe gut, wenn nicht glänzend gelöst, während auf ein Lektorat offensichtlich verzichtet wurde. In dem etwas langweilig-ermüdend gesetzten Essaytext ist so mancher Patzer stehen geblieben (Einnamen statt Einnahmen), und die Übersetzung von Helmut Splinter liest sich einfach stümperhaft: "Doch Hollywood verlangte seinen Preis. Das Studio verlangte von ihm abzunehmen - und zwar schnell, erzählte Priscilla." Oder: "Als Weihnachten 1970 immer näher rückte, verschenkte Elvis Schmuck, Autos und Häuser, als wären sie billiges Spielzeug." Wer guten Willens ist, lese diese Sätze so, wie sie gemeint sind: Denn weder hat RCA Hollywood aufgefordert abzuspecken, noch musste sich Elvis seiner großzügigen Geschenke schämen.

Ein Essay in 13 Kapiteln ("Die Anfänge", "Sun Records", "RCA: Das große Geschäft", "Love Me Tender", "G. I. Blues", "Follow That Dream", "How Great Thou Art", "Zu Hause mit Priscilla und Freunden", "68er Comeback", "Elvis in Memphis", "Elvis in Vegas", "Aloha from Hawaii", "Das Erbe") schreitet die biographische und musikalische Entwicklung des Entertainers in Sieben-Meilen-Stiefeln ab.

Die beigegebene CD (Spieldauer knapp eine Stunde) enthält Interviews, die Presleys Karriere von der Mitte der 50er bis zum Beginn der 70er Jahre dokumentieren. Die ersten beiden Interview-Partner wussten nicht, wen sie da vor sich hatten, wie sollten sie auch: 1955/56 kam Elvis aus dem Nichts, stand bestenfalls 'on the edge' zum Erfolg und gab brav darüber Auskunft, welche Musik er bevorzugte (Gospel, Hillibillie, Rock'n'Roll, "some classics"), welche Filmstars (Kim Novak, Marlon Brando, James Dean), welche Position im Football-Spiel (Quarterback), welchen Wagentyp (Cadillac-Limousinen). Doch schon im Gespräch mit Paul Wilder (August 1956) muss sich der neue Megastar am Pophimmel für sein vulgäres Bühnengebaren ("Elvis the Pelvis") rechtfertigen. In breitem, genuschelten Südstaaten-Englisch gibt Elvis geduldig Antwort auf die teils armseligen Fragen. Die zum Teil dürftige Aufnahmequalität damaliger Portables hat Tondokumente recht zweifelhafter Qualität (und Aussagekraft) hervorgebracht und wohl mit dazu beigetragen, dass die meisten dieser Interviews kaum bekannt sind. Ihre Publikation, die eigentlich kaum Neues zutage fördert, wird getragen von der breiten, posthumen Elvis-Verehrung, der man sich stellen muss - denn vor Elvis war ja nichts.

Titelbild

Robert Gordon: Elvis 1935-1977. Scrapbook und Audio-CD.
Übersetzt aus dem Amerikanischen von Helmut Splinter.
Goldmann Verlag, München 2002.
64 Seiten, 49,90 EUR.
ISBN-10: 3442309859

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