Klausen, ruiniert

Andreas Maier nimmt seinem Roman "Klausen" als Hörbuch jeden Reiz

Von Anette MüllerRSS-Newsfeed neuer Artikel von Anette Müller

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Es gibt Autoren, die ein besonderes Talent dafür haben, ihre Werke selbst zu sprechen, Autoren, deren Stimme weich und warm genug ist, um das Selbstgeschriebene an das Ohr des Publikums zu tragen, deren Stimme aus einem mittelmäßigen Buch trotzdem ein interessantes Hörbuch machen kann, wenigstens das.

Andreas Maier gehört nicht dazu: Er macht aus seinem letzten, vielbeachteten Roman "Klausen", ein Hörbuch, dem man ein vorzeitiges Ende wünscht.

Maier hat weder eine unsympathische Stimme noch ist er unfähig zu lesen - trotzdem hört man sich so gar nicht in seine "Klausen"-Welt ein. Woran das liegen mag, lässt sich nicht sagen - vielleicht daran, dass der Autor selbst nicht so richtig in einen Lese-Rhythmus hineinfindet. Bemüht man sich trotzdem eine Weile, diesen Mangel zu überhören, ist "Klausen" immer noch derselbe wunderbare Roman, dieselbe böse Satire über die Unmöglichkeit der Demokratie, derselbe Abgesang auf die kollektive Macht der kleinen Leute.

In Klausen, dem malerischen Ort am Brenner, brodelt die Gerüchteküche, seitdem Umweltaktivisten die ständig vom Autolärm rauschende Autobahn des nachts sperrten - was von den Einheimischen, je nach Gesinnung, als "Ereignis", "Unglück" oder auch "Skandal" bezeichnet wird. Der oder die Schuldigen werden alsbald selbstverständlich unter den Außenseitern des Ortes vermutet: das Volk beschließt, dass es wahlweise nur die Linken, die Säufer oder die Ausländer gewesen sein können. Man trifft sich in der Wirtschaft und im Bürgersaal, macht Schuldzuweisungen und diskutiert ergebnislos über eine Politik, die den "Wirtschaftsraum Südtirol" als K.O.-Argument anstrengt, deren Strippenzieher mit der Schaffung und dem Erhalt von Arbeitsplätzen und Wettbewerb jede noch so große Sünde an Natur und Mensch rechtfertigen.

Dabei lässt Andreas Maier niemanden davonkommen, die Naturschützer ebenso wenig wie die, die kompromisslos den Wirtschaftsstandort Klausen gesichert sehen wollen, und lässt den Leser mit dem bitteren Nachgeschmack auf der Zunge zurück, dass das gemeine Volk den Strippenziehern der Politik im Hintergrund auch im Kleinen nichts entgegenzusetzen hat. "Klausen", das gedruckte Buch, ist ein großartiger politischer Roman - den man lieber selber lesen sollte.

Titelbild

Andreas Maier: Klausen. 4 CD.
Der Hörverlag, München 2002.
263 Minuten, 25,90 EUR.
ISBN-10: 3895849561

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