Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende

Der zehnte Brunetti-Fall von Donna Leon

Von André SchwarzRSS-Newsfeed neuer Artikel von André Schwarz

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Es könnte alles so schön sein: Man geht in seine Buchhandlung, erwirbt den neuen Brunetti-Krimi, fängt an zu lesen und gibt das Buch erst nach der letzten Seite wieder aus der Hand, um dann ein Jahr lang voller Spannung auf das nächste Buch zu warten. So war es zumindest bei den ersten Romanen der in Venedig lebenden Amerikanerin Donna Leon.

Mit dem Fortschreiten der Serie machten sich aber erste Abnutzungserscheinungen bemerkbar. Die Charakterzeichnung wurde flacher, lang und geradezu ermüdend wirkten die seitenlangen Details über Brunettis Leben und Ansichten. Der bisher letzte Band, "Feine Freunde", gehörte zu den spannungsärmsten Krimis, die man bisher gelesen hatte. Bereits etwas resigniert machte man sich an die Lektüre des zehnten Falles. Und die Vorahnungen trügen leider nicht: Auch wenn Donna Leon die Handlung ins Umland von Venedig, in das kleine Fischerdorf Pellestrina, verlegt - interessanter wird der Fall dadurch nicht. Zwei Fischer kommen bei einer Explosion auf ihrem Fischerboot ums Leben, Brunetti muss auf unbekanntem Terrain ermitteln und benötigt die Hilfe diverser Angestellter aus der Questura. Nebenbei sorgt eine kleine Liebesgeschichte für retardierende Momente und Verwirrungen.

Brav klappert die Autorin alle einschlägigen Klischees ab: Die Dörfler sind schweigsam und "so verschlossen wie verdorbene Vongole", das schwarze Schaf des Dorfes - eine ehemalige Prostituierte, was sonst - gibt wichtige Hinweise und wird zum Schweigen gebracht. Die Ermordeten hatten ordentlich Dreck auf ihrer ehemals weißen Weste, und nur die zufällig aus Pellestrina stammende Sekretärin kann das Ganze zu einer Auflösung bringen. Aber was heißt schon Auflösung? Bereits nach einem Drittel des Buches ist man sich sicher, wer der Mörder ist - also auch hier erlebt man keine Überraschung mehr.

Donna Leon versucht, mit einem - zugegebenermaßen - ganz netten Finale das Buch noch zu retten. Der gut gemeinte Ansatz wirkt aber unnötig brutal und verfehlt so sein Ziel. Man muss sich wohl damit abfinden, dass sich die mit "Venezianisches Finale" begonnene Serie endgültig totgelaufen hat.

Titelbild

Donna Leon: Das Gesetz der Lagune. Roman.
Übersetzt aus dem Amerikanischen von Monika Elwenspoek.
Diogenes Verlag, Zürich 2002.
322 Seiten, 34,90 EUR.
ISBN-10: 325706313X

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