Betrogener Betrüger

Doja Hacker geht in ihrem Roman der Frage nach: "Bin ich böse?"

Von Christian SchneiderRSS-Newsfeed neuer Artikel von Christian Schneider

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Böse ist, wer anderen Menschen Leid zufügt. Gemeinhin ist ein Ehemann, der seine Frau betrügt, moralisch zu verurteilen. So kann er sich des Spottes sicher sein, wenn er am Ende derjenige ist, der auf der Strecke bleibt.

Heinrich ist der Ehemann, der seine Geschichte erzählt. Und schon mit dem ersten Satz erfahren wir, dass die Geschichte böse ausgehen wird. Dabei hatte er doch bisher alles immer so gut im Griff. Als Außenhandelskaufmann mit zwei heranwachsenden Töchtern ist er das, was gut und gerne als Mann in den besten Jahren gelten kann. Doch natürlich hat die schöne Fassade auch einige gefährliche Risse. Da ist der ungeliebte Bruder, der nicht auf die Füße kommt und ihn immer nur anpumpt. Und da ist Steinhagen, Heinrichs wichtigster Geschäftspartner, von dem er abhängig ist und mit dessen Frau ihn einst mehr verband als nur das Geschäftliche.

Doch das eigentliche Unglück Heinrichs beginnt mit Marie. Marie ist seine Geliebte: "Für eine Geliebte verläßt man seine Familie nicht. Es war immer so und ist es noch heute." Klare Verhältnisse also für Heinrich, und auch Marie scheint sich ihrer Rolle bewusst und ist offenkundig mit ihr zufrieden. Was liegt also näher, als Geliebte und Ehefrau miteinander zu befreunden, um somit eine wunderbar harmonische Dreiecksbeziehung zu schaffen? Es ist dieses völlige Unvermögen, die Gefühle und Bedürfnisse seiner Mitmenschen wahrzunehmen, das ihn am Ende allein und als Verlierer dastehen lässt. Die Liebe ist nicht nach seinen Vorstellungen formbar, und wenn es schon mit dem Gefühl nicht klappt, dann lässt der wirtschaftliche Ruin auch nicht lange auf sich warten.

Doja Hacker präsentiert mit ihrem zweiten Roman eine Beziehungsgeschichte, die sich nicht in tiefen Gefühlen verirrt, sondern leicht und unprätentios gibt. Konsequent aus der Perspektive Heinrichs erzählt, bleibt das seinen Verlauf nehmende Verhängnis ironisch gebrochen. Mit einer gehörigen Portion Humor und ohne jedes Pathos liefert Doja Hacker eine kurze Version des Geschlechterkampfs. Die glückliche Dreierbeziehung winkt dem Sieger im Kampf allerdings nicht.

Titelbild

Doja Hacker: Bin ich böse. Roman.
Piper Verlag, München 2002.
199 Seiten, 16,90 EUR.
ISBN-10: 3492043933

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