Die höheren Weihen des Comics

Ein Comic anlässlich der Buchmesse

Von Christoph Schmitt-MaaßRSS-Newsfeed neuer Artikel von Christoph Schmitt-Maaß

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung bildete das Forim: Auf ihm durfte und konnte Ulf K., seit langem Kennern der Szene ein Begriff, seinen anlässlich der Buchmesse 2000 entstandenen Comic "Der Exlibris" lancieren. Schon die Überschrift markiert ein besonderes Verhältnis: nämlich jenes von Buch und Comic. Wo die Apologeten des Kulturpessimismus in der Nachfolge eines Adorno oder Spengler einen Begriff von Kultur rekonstruieren möchten, den es so nie gegeben hat, ergreift Ulf K., ganz Mann der Praxis, die Feder und schreibt/zeichnet einen ebenso unterhaltsamen wie geistreichen Comic.

Das Thema scheint mit dem Anlass vorgeprägt: acht Buchhändler, allesamt in Besitz von Büchern, die eigentlich nie gedruckt wurden, werden nach und nach umgebracht. Den Fall letztlich lösen wird eine von einem Schriftsteller kreierte Figur - der Exlibris. Und: die 25teilige Serie endet, wo sie angefangen hat.

Ulf K. arbeitet zunächst einmal in gewohnter Weise mit der Kontrastwirkung von Schwarz und Weiß. Die in das Panel genommenen textlichen Anteile (Wortblasen und Zwischentexte also) schreiben die Sprachlichkeit in den Comic ein. Doch auch auf andere Weise wird dies geleistet. Indem der Zeichner die Konstruktion der Geschichte aufdeckt - indem er sich auf den Ursprung des amerikanischen Comics besinnt und seine Bildsprache dem Medium Zeitung anpasst - kann er die Mythen(wieder)belebung reflektieren. Denn nicht nur die Gestalt des Exlibris hat sich verselbständigt.

Zahlreiche Anspielungen an die moderne französische Literatur prägen den Kontext. So tritt etwa der Schriftsteller Alfred Jarry ins Bild, Verfasser des grotesken Theaterstücks "Ubu Roi", nach dem Ulf K. sein eigenes Comic-Label benannt hatte. Somit zieht Ulf K. eine Spur: In seinem "Exlibris" vermischen sich groteskes Theater, surrealistische Farce und ein niemals bösartiger schwarzer Humor. Weitere Anspielungen ergänzen das Bild eines ausgefeilten Versteckspiels mit Bedeutungen, die sich vielfach nur dem Französisch Sprechenden erschließen und glücklicherweise nicht übersetzt wurden. Bei all dieser denkerischen Originalität scheinen immer starke Empfindungen durch: Ulf K.s Welt ist bevölkert von Außenseitern und Phantasten - liebenswerte Wesen, die an die eigene Phantasie ebenso glauben wie an die Sterblichkeit.

Titelbild

Ulf K.: Exlibris.
Reprodukt Verlag, Berlin 2000.
32 Seiten, 8,00 EUR.
ISBN-10: 3931377547

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