Das Chamäleon des 20. Jahrhunderts

Bernard-Henri Lévys große Biographie macht Sartre wieder lebendig

Von Wolf LepeniesRSS-Newsfeed neuer Artikel von Wolf Lepenies

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Nur die Lektüre gab dem jungen Rekruten Lebensmut. Aus der Erziehungsanstalt hatte sich der Achtzehnjährige in den Militärdienst geflüchtet. Außerhalb der Kaserne Langeweile und im Soldatenalltag unerträgliche Disziplin: Am schlimmsten aber war die Aussicht, über Nacht nach Indochina abkommandiert zu werden. Bücher waren es, die ihn vor Verzweiflung bewahrten: er las Proust, Balzac und einen Gegenwartsautor, an dem er die Klarheit der Gedanken, die trockene Intelligenz, die Willenskraft und die Erkenntnis schätzte, dass der Mensch auf sich gestellt und alleine für seine Handlungen verantwortlich ist.

Wir befinden uns im Jahr 1951, der junge Rekrut heißt François Truffaut, der von ihm bewunderte Autor ist Jean-Paul Sartre. Knapp zwanzig Jahre später - das Foto eines Passanten hat die Szene festgehalten - verkauft Truffaut zusammen mit Simone de Beauvoir und Jean-Paul Sartre auf den Straßen des Pariser Quartier Latin das verbotene maoistische Blatt "La Cause du Peuple". Gegenüber der Polizei gibt er zu Protokoll, weder Maoist noch "pompidoliste" zu sein; der künftige Regisseur von "Fahrenheit 451" fühlt sich lediglich verpflichtet, jede Form der Zensur zu bekämpfen. Dies an der Seite Sartres zu tun, ist für ihn eine Auszeichnung.

In den Briefen François Truffauts spürt man, wie groß die Bewunderung für den Autor und Aktivisten Sartre einst gewesen ist. Als er 1980 starb, folgten auf dem Montparnasse Zehntausende seinem Sarg. So viel hatte man von ihm noch erhofft, dass Juliette Gréco klagte, ein junger Mann sei gestorben. Anfang des 21. Jahrhunderts aber war die Erinnerung an den Romancier, Philosophen und Agitator bereits verblasst. Zu zeitgebunden war sein Werk, zu grotesk waren seine politischen Irrtümer, zu widersprüchlich zeigte sich im Rückblick seine Weltanschauung, als dass es lohnend schien, ihn noch zu lesen. Jetzt wird die Erinnerung an Sartre wieder wach. In seiner monumentalen Studie "Sartre. Der Philosoph des 20. Jahrhunderts" ruft Bernard-Henri Lévy einen Scheintoten ins Leben zurück.

Für Lévy ist die Geschichte der Literatur ein immer wieder erneuerter Generationenvertrag: Ihre Kontinuität wird dadurch gewahrt, dass ein großer Schriftsteller sich nicht in seine Einzigartigkeit verpuppt, sondern einen Erben sucht "und ihm die Fackel, das Staffelholz weiterreicht". Einen solchen Vertrag schlossen beispielsweise Maurice Barrès mit François Mauriac und Paul Morand mit Roger Nimier. Und als Andre Gide, " der alte Literaturbonze", gegen Ende seines Lebens einsehen musste, dass seine Vormachtstellung vorüber war, erwählte er Sartre zu seinem Nachfolger. Und Sartre selbst? Bernard-Henri Lévys Eitelkeit geht nicht so weit, auszusprechen, was jedermann zwischen den Zeilen seines Buches zu lesen vermag: BHL, der Ewig-Jugendliche unter den französischen Intellektuellen der Gegenwart, ist der legitime Erbe Jean-Paul Sartres. "Er ist der junge Mann; er sorgt für frischen Wind, für Kühnheit, Modernität, Freiheit des Geistes" schreibt Lévy über Sartre - und meint damit auch sich selbst.
Schreiben, ungehemmt
Biographien wirken dann besonders lebendig, wenn sie, offen oder versteckt, auch ein Stück "Selbsterlebensbeschreibung" ihres Verfassers sind, wie Jean Paul dies einmal nannte. "Sartre" ist ein in Verehrung sprühendes, in der unabweisbaren Kritik an seinem Gegenstand nervös vibrierendes Buch, selbstloser und selbstbewusster Kraftakt zugleich, Autorenrettung und verborgene Autobiographie. Die "Schreibhemmung" ist den Franzosen fremd; im "Larousse" sucht man vergebens nach einem Äquivalent für das deutsche Wort oder den englischen "writer's block". Jean-Paul Sartre kam bereits als Autor auf die Welt. Als kleiner Junge berichtete er seiner Mutter voller Stolz, er könne auch im Dunkeln schreiben. In ihm war - Sartre konnte Chateaubriand nicht leiden, aber dieser Ausdruck gefiel ihm - Tag und Nacht eine Maschine zum Büchermachen am Werk. Über den alten Sartre hätte man wie Mauriac über den alternden Proust sagen können: Er war nur noch eine schreibende Hand.

Marcel Proust, dessen eigene Identität hinter der Doppelperson Swanns und des Erzählers der Recherche allmählich verschwand, hatte sich energisch gegen die Gleichsetzung des poetischen mit dem realen Ich verwahrt. In seiner Streitschrift "Contre Sainte-Beuve" attackierte er den größten französischen Kritiker, der es gewagt hatte, literarische Produktionen aus den Lebensumständen ihrer Autoren heraus zu interpretieren. So wirksam war Prousts Angriff, dass Sainte-Beuve, dieser große Leser, bald von niemandem mehr gelesen wurde. Man muss daran erinnern, wenn man das Bedauern Bernard-Henri Lévys darüber verstehen will, ,,dass Sartre uns nicht sein Pour Sainte-Beuve hinterlassen hat". Gegen Marcel Proust hätte Sartre darauf beharrt, dass die an Konflikten reiche, aber untrennbare Verflechtung des literarischen und des persönlichen Ich die Voraussetzung für die Authentizität des Autors darstellt.

Die Authentizität Sartres liegt nicht in der Geradlinigkeit, in der Leben und Werk übereinstimmen. Simone de Beauvoirs Buch "Pour une morale de l'ambiguïté" war die "Ethik", die Sartre geplant, aber nicht geschrieben hatte. Der Titel enthielt den Schlüsselbegriff zum Verständnis Sartres, dieses Chamäleons des 20. Jahrhunderts. "Es ist immer zum eigenen Vorteil, wenn man sich auf Zweideutigkeiten einlässt". Mit dieser Behauptung muss Bernard-Henri Lévy sich Mut gemacht haben, ein Buch über den "Jahrhundert-Menschen" Sartre zu schreiben. Den Anlass dazu gab die Lektüre seiner Werke und die Unvereinbarkeit der Episoden, in denen die Erinnerung an Sartre weiterlebte.

1989, gerade war die Mauer gefallen, besuchte BHL in Berlin einen "Beweihräucherer des Stalinismus", der, so schreibt Lévy mit allen Verbrechen des SED-Regimes einverstanden gewesen war und sie mit seiner Autorität gedeckt hatte. Ohne Scham und Bedauern gab er seiner sicheren Hoffnung Ausdruck, dass man in den Kommunisten einmal die wahren Demokraten ehren würde. Wie zum Beweis zog er aus seinem Bücherregal den Roman "Zeit der Reife" hervor und zeigte voller Stolz auf die Widmung: "Für Stephan Hermlin, der es verstanden hat, aus seiner Freiheit eine gewollte Freiheit zu machen, in Freundschaft Jean-Paul Sartre." Drei Jahre später kauerte Bernard-Henri Lévy in Sarajewo mit bosnischen Philosophen in einem Keller, wo sie, vor serbischen Scharfschützen sicher, miteinander Sartres Abhandlung "Fragen der Methode" lasen, die sich mit dem Verhältnis von Existentialismus und Marxismus beschäftigte.
Auftauchende Infamie
"Wie konnten sich zur gleichen Zeit abgefeimte Stalinisten und echte Widerstandskämpfer auf dasselbe Werk berufen?" Antwort: Weil auch Sartre selbst abgefeimter Stalinist und (fast) ein Widerstandskämpfer war. Sartre, das war in einer Person eine folie à deux. Auf der einen Seite ein Bohemien, der Philosoph der prekären Freiheit, eine einsame Ein-Mann-Partei, ein Anarchist und Surrealist und ein Ungläubiger in allen Kirchen, auch in den weltlichen, die man Ideologien nennt - auf der anderen Seite ein Propaganda-Schreier und fellow traveller, der Antikommunisten als Hunde beschimpfte, der Chruschtschows Liberalismus tadelte und über Solschenizyns Leiden im Gulag spottete, der in Fidel Castro die Verkörperung des reinen Humanismus erblickte, den General de Gaulle einen Faschisten nannte und die Französische Revolution für unvollendet hielt, weil ihr nicht genug Menschen zum Opfer gefallen waren.

BHL macht deutlich, wo seine Sympathien liegen - aber er weiß, dass er Sartre nicht teilen kann, um ihn ganz zu besitzen. Der Fall Sartre ist die Wiederaufnahme des Falles Heidegger. Denn auch Heideggers Philosophie lässt sich vom Nationalsozialismus nicht trennen, die Philosophie nicht von der Politik, die Privatperson nicht vom Philosophen. Ein unerträgliches Manöver nennt Lévy den Versuch, in Heidegger das Oberflächen-Ich, das Mitglied der NSDAP wurde, vom Tiefen-Ich des Denkers zu trennen: "In ebendiesem Werk inmitten der bewundernswertesten Texte, vermischt mit dem Besten Erhabensten, Fruchtbarsten, das seine scheinbar nur an den Sachen interessierte begriffliche Arbeit zutage fördert, taucht die Infamie auf." So schreibt Lévy über Heidegger, so denkt er, voller Schmerz, über Sartre.

Umso überzeugender ist sein Plädoyer, Sartre von der Anklage der Kollaboration freizusprechen. Sartre war kein Märtyrer wie der Mathematiker Jean Cavaillès der von den Deutschen gefoltert und ermordet wurde. Er hatte nicht den Mut eines Georges Canguilhem, der von seinem Lehrer Alain als militanter Pazifist erzogen wurde und sich nach dem Einmarsch der Nazis wie selbstverständlich der Résistance anschloss, weil die Zeit des Pazifismus vorüber war. Sartre war weder Held noch Kollaborateur. Mit seinen Texten aber leistete er Widerstand, wie Lévy mit ebenso überraschenden wie überzeugenden Interpretationen zweier Theaterstücke zeigt: der "Fliegen", die mit Zustimmung der deutschen Zensur im besetzten Paris gespielt wurden, und des Mysterienspiels "Bariona", das Sartre Weihnachten 1940 im Gefangenenlager bei Trier aufführen ließ. Sartre selbst beschrieb die Zeit im Lager als die glücklichste Periode seines Lebens. Hier erfuhr er Freundschaft, Solidarität und die Grenzenlosigkeit der Gemeinschaft. Hier wurde aber auch der Mitläufer geboren, der sich später mit kommunistischen Gewaltherrschern gemein machte.

Mit Spinoza und Voltaire bildet Jean-Paul Sartre für Bernard-Henri Lévy die Achse der großen Aufrechten und zugleich Verhassten. Noch zu seinen Lebzeiten wurden seine Schriften auf den Index gesetzt, aber nicht nur das Heilige Offizium verdammte ihn. Der Direktor des Figaro verlangte, Sartre zu exorzieren und auf dem Vorplatz von Notre-Dame zu verbrennen. Den Existentialismus verglichen Philosophen mit einer Kloake, durch die man nur auf Stelzen waten könne. Sartre, dessen "Durst nach Martyrium" nicht nur Francois Mauriac auffiel, mag ein morbides Vergnügen an solchen Beschimpfungen gefunden haben. Skandalös wirken sie heute nicht mehr. Schlimmer ist das Schweigen, das auf sie folgte. Die Hasstiraden, die Lévy aus den Archiven ans Tageslicht fördert, wirken wie versteinerte Exkremente. Sie sind farb- und geruchlos geworden, man braucht die Nase nicht mehr zu rümpfen.
Ein Kilo Sein
Bernard-Henri Lévys Buch ist keine Apologie. Er will die Motive derer bloßstellen, die Sartre mit ihrem Hass verfolgten, aber mehr noch liegt ihm daran, zu erklären, warum er Sartre schätzt, ja liebt. "J'aime" ist einer der häufigsten Satzanfänge in seinem Buch. BHL bewundert an Sartre das naive Gefallen am Ruhm, das sich schon früh äußerte und ihn später in der dritten Person vom "jungen Sartre" sprechen ließ. BHL beneidet Sartre darum, dass dieser aus seiner Philosophie eine Lebenslehre machen konnte, die über den Hörsaal hinaus auf den Straßen wirksam wurde.

Diderot hatte verlangt, der Intellektuelle solle gegen den Strich argumentieren, schließlich sei er ein widerspenstiges System. Widerspenstig verhält sich Bernard-Henri Lévy, weil er gängigen Vorstellungen über die Person und das Werk Sartres mit Lust widerspricht. Den Autor des "Ekels" und der "Schmutzigen Hände" stellen wir uns als einen humorlosen und verkniffenen Menschen vor. Nichts falscher als das, ruft BHL und beschreibt die "äußerst erträgliche Leichtigkeit" des Sartre'schen Seins, lässt uns teilhaben an einem Leben voller Schabernack und im Schweinsgalopp. Er erinnert an einen fröhlichen Condottiere und Anti-Melancholiker, der sich von der Religion der Ernsthaftigkeit distanzierte und Nietzsche darin zustimmte, dass man nur an einen Gott glauben sollte, der zu tanzen versteht.

Hat Sartre vielleicht sogar gelacht, als Raymond Queneau den Erfolg von "Das Sein und das Nichts" darauf zurückführte, dass der Band genau ein Kilo wog und den Gemüsehändlern als Gewicht diente? Das wahre Programm Sartres? Lévy nennt es, im spöttischen Gedenken an die Verfasser des Kommunistischen Manifests ,,Lacrymographen aller Länder, verflüchtigt Euch!"

In einer aktuellen Fassung von Flauberts "Wörterbuch der Gemeinplätze" könnten über Sartre zwei Sätze stehen: "Seine Romane will kein Mensch mehr lesen" oder: "Immerhin hat er mit ,Die Wörter' ein Meisterwerk geschrieben." Lévys Widerspenstigkeit erreicht artistische Höhen, wenn er beiden Gemeinplätzen widerspricht. BHL gilt als ein Denker der großen Geste und Urheber unerhörter Verallgemeinerungen. In seinem Buch über Sartre lernen wir einen sorgsamen Leser, einen originellen Deuter von Details und den Verfechter einer unbestechlichen, vorurteilsfreien Hermeneutik kennen. Ob seine Lektüre den Romanen Sartres neue Leser gewinnen wird? Sie wird es zumindest Nichtlesern schwerer machen, abfällig von ihnen zu reden.

Natürlich sind auch für BHL "Die Wörter" ein Meisterwerk. Sie sind es aber in einem anderen Sinne, als der einstimmige Chor der Kritiker es behauptet hat. "Danke, Sartre", mit diesen Worten zitiert Lévy nicht nur das literarische Frankreich, sondern die literarische Welt, "Danke. Wenn Sie sich nur häufiger dazu bereit erklären könnten, ihre Feder in jene wunderbare Tinte zu tauchen. Wenn Sie uns nur häufiger so feinfühlige, sacht ergreifende, so schöne Bücher schenken wollten."
Abschied von der Literatur
Sartre wird nach den "Wörtern" mit Ehrungen überhäuft. Gegner leisten Abbitte. Man gibt ihm die Gelegenheit, den Nobelpreis abzulehnen. Sein Buch aber, diese auf den ersten Anschein klassisch anmutende Autobiographie, an der Sartre über zehn Jahre lang gearbeitet hat, ist, wie BHL uns zeigt, der Anlass eines kolossalen Missverständnisses. Wie kann man ein Buch eine Autobiographie nennen, das ohne ersichtlichen Grund mit dem Ende der Kindheit aufhört? Wie konnte man übersehen, dass der zynische, fast emotionslose Ton der "Wörter" eher auf eine Parodie oder ein Pastiche als auf ein Stück Bekenntnisliteratur schließen lässt? Täuscht nicht der Schluss, der so viele Leser rührte und mit Sartre versöhnte: "Ein ganzer Mensch, gemacht aus dem Zeug aller Menschen, und der so viel wert ist wie sie alle und so viel wert wie jedermann"? Muss man nicht vielmehr zwischen den Zeilen den Rousseau der "Bekenntnisse" heraushören: "Ich bin nicht gemacht wie irgendeiner von denen, die ich bisher sah"? Und schließlich: Wie hat man verdrängen können, dass Sartre selber "Die Wörter" als einen Akt der Entmystifizierung beschrieben hat und die Literatur als Falle, in die er, befördert durch seinen Großvater und andere, als Achtjähriger tappte?

In Wahrheit sind "Die Wörter" keine Apotheose der Literatur, sondern eine Anklage und ein Abschied. Sie sind nicht Ausdruck der tätigen Reue des Meisters, der von seinem allzu langen Aufenthalt in der Politik zurückkehrt, um uns einen wirklichen Roman über eine französische Kindheit zu schenken, sie sind vielmehr eine Anklage gegen die Ausübung des literarischen Metiers selbst. Denn dieses wird darin einer Verwirrung, einer Perversion der Seele, einem Verbrechen gegen das Leben und den Geist, kurz, einem Verbrechen gleichgesetzt.

Pathetische Worte, doch werden sie, wie alles Pathos, erträglich durch Ironie. Der deutsche Leser wird ohnehin an Thomas Mann erinnert und seine Anklage gegen ein lebensfernes und -verneinendes Künstlertum. Sartres Rebellion gegen die Literatur, die erfolglos versucht, sich einen antibourgeoisen Anstrich zu geben, ist bürgerlich durch und durch, weil sie sich in ein wohlbekanntes Genre einordnet und gehorsam dessen Regeln folgt. Der literarische Abschied von der Literatur gehört, wie Bernard-Henri Lévy zeigt, zu einer zutiefst französischen Tradition. Sie reicht von Racine über Rimbaud und Valéry bis zu den Zeitgenossen Sartres. Nie hat sich Sartre, der Rebell, entschiedener zu einem literarischen Kanon bekannt als in "Die Wörter", dem Buch, das er schrieb, um der Literatur Adieu zu sagen.

Für dieses Adieu hat sich die Literatur an Sartre gerächt. Sartre war der "absolute Intellektuelle". Er war ein "philosophe" im Sinne der Aufklärung, weil er nicht nur eine Philosophie hatte, sondern auch einen Lebensstil verkörperte, der das Verhalten einer ganzen Generation prägte. Er war der Herr der Genres. Und wie bei allen großen Intellektuellen war sein größter Gegenspieler ein Staatsmann: der General de Gaulle. Als Intellektueller war Sartre ein herausragendes Exemplar seiner Zunft, aber er ist kein Vorbild mehr. Wir können auch ohne seine Philosophie auskommen. Wir müssen seine Romane nicht mehr lesen. Warum bleibt er also, wie Bernard-Henri Lévy gezeigt hat, lebendig? Lévy hat im französischen Untertitel seines Buches behauptet, eine "philosophische Enquete" vorzulegen. In Wahrheit hat er einen philosophischen Roman geschrieben: Sartre hat sein eigenes Jahrhundert überlebt wie eine Romanfigur.

Titelbild

Bernard-Henri Levy: Sartre. Der Philosoph des 20. Jahrhunderts.
Carl Hanser Verlag, München 2002.
672 Seiten, 29,90 EUR.
ISBN-10: 3446201483

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