Hinter den Fassaden von Kunst und Kommerz

Zwei Filmbücher zu Robert de Niro und Natalie Portman

Von André SchwarzRSS-Newsfeed neuer Artikel von André Schwarz

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Der Berliner Bertz Verlag ist allgemein als eine gute Adresse für Filmbücher bekannt. In der schlicht "film" betitelten Reihe erschienen bislang Bücher zu progressiven und stilbildenden Regisseuren wie Tarantino, Kubrick oder Scorsese, nun folgt mit Robert de Niro ein Schauspieler. Der 1943 in New York geborene Darsteller hat wie kaum ein anderer das amerikanische Kino seit den siebziger Jahren geprägt. In Filmen wie "Taxi Driver" (1976) und "Raging Bull" (1979) setzte er als "actor's actor" Maßstäbe wie einst Marlon Brando oder auch Marlene Dietrich. Im vorliegenden, von Sabine Horst herausgegebenen Band sind zehn Essays über die Person und den Schauspieler de Niro versammelt. In seiner Rollenauswahl lassen sich bestimmte Muster erkennen, und die dargestellten Typen ziehen sich wie ein roter Faden durch das Gesamtwerk. Daniela Sannwald beleuchtet in einem schönen Beitrag die "ethnisch geprägten Rollen" von "The Godfather, Part II" (1973) bis hin zu "Casino" (1995), in denen er den Prototyp des italienischen, in die Gesellschaft integrierten Gangsters und eleganten "Anti-White-Anglo-Saxon-Protestant" verkörpert.

Den außergewöhnlichen Schauspielstil des Lee Strasberg-Schülers analysieren gleich mehrere Beiträger. De Niros oft als extrem empfundenes "method acting", Lars-Olav Beier nennt es gar "Over-acting", ist Thema des Beitrages von Michael Althen. Durch immer neue Wandlungen - man denke nur an seinen Jake LaMotta in "Raging Bull" - ist de Niro zwar unberechenbar, aber auch ungreifbar, in manchen Filmen mit "profaneren" Themen "löst er sich praktisch auf, wird vor lauter Hingabe an den Jedermann zum totalen Niemand". Die Persönlichkeit verschwindet hierbei hinter der Rolle, der Mensch bleibt unbekannt, sein Leben geradezu unvorstellbar. De Niros chamäleonhaftes Auftreten unterscheidet ihn in erheblicher Weise von "Typen" wie Humphrey Bogart, wohl mit ein Grund, weshalb er zwar ein Star, aber kein Kultstar wurde.

Einen ganz anderen und bislang weitgehend vernachlässigten Aspekt im Œuvre des Schauspielers stellt Katja Nicodemus vor: die Beziehungen oder besser Nichtbeziehungen zwischen den Helden und den Frauen. In vielen Filmen ist er der "ewige ,homme a hommes'", der zwar nach der Nähe zu den Frauen strebt, sich aber an Männerbünden orientiert, sei es in den Gangs, beim Militär oder vor allem der Mafia. Das Verhältnis zum anderen Geschlecht ist "hilflos" und skurril. Ob in "The Deer Hunter", "Novecento" oder "Stanley and Iris" - Sex findet entweder nicht statt oder endet meist beinahe "desaströs". Die "Fremdheit der Frau" ist in seinen Filmen augenfällig und wird von Nicodemus fundiert und treffend belegt.

Insgesamt sind die Beiträge auf einem erfreulich hohen Niveau und bieten nicht nur fundierte Analysen, sondern auch eine gute Lesbarkeit und Information. Abgerundet wird der reich bebilderte Band von einem umfangreichen Anhang mit einer vollständigen Filmographie und einer gut sortierten, aufwendigen Bibliographie.

Diese Vorgaben erreicht das Buch von Sascha Westphal bei weitem nicht. Innerhalb der Reihe "Stars!" porträtiert der Verlag die aktuell im Rampenlicht stehenden Mimen. Namen wie Cameron Diaz, Angelina Jolie und Drew Barrymore lassen sich eher in die Kategorie "Nett, gutaussehend, aber nichts Besonderes" einreihen, auch Russell Crowe zeugt vielmehr davon, dass den "Oscar" als bester Schauspieler beileibe nicht immer der beste Darsteller bekommt.

Auch bei dem Büchlein über Natalie Portman fragt man sich nach dem Sinn des Ganzen. Sicher hat die Portman vor allem in Luc Bessons "Leon - The Professional" (1994) ein glänzendes Filmdebüt vorgelegt und war bei ihren Nebenrollen in "Heat" (1995) und Woody Allens,Musical'"Everyone says I love you" (1996) durchaus auffällig. Doch schwanken ihre anderen Filme zwischen Bedeutungslosigkeit ("Anywhere but here" oder "Where the heart is") und Kassenschlagern, deren,Kult'-Faktor, Technikverliebtheit und Gigantismus das inhaltliche Nichts zu übertünchen sucht. Da mögen die Fans von "Star Wars" auf die Barrikaden steigen, aber anspruchsvoll kann man die Effektfeuerwerke nun beim besten Willen nicht nennen. Was das für das Buch bedeutet, liegt auf der Hand: Ein bloßes Porträtbändchen über den Kassenstar Natalie Portman hat man vor sich liegen. Im Text, der zwischen den vielen Bildern etwas verloren wirkt, lässt sich Sascha Westphal oft dazu verleiten, den jungen, frischen Star hochleben zu lassen. Klug ist sie - natürlich -, wählerisch, was die Rollen angeht, sie "lehnt schon mal eine Hauptrolle ab, wenn ihr das Drehbuch nicht gefällt". Schön, aber ob diese Allgemeinplätze, die man so oder so ähnlich schon von jeder ambitionierteren Aktrice hörte, das ganze Buch tragen, sei dahingestellt. Dass es auch anders geht, zeigt Westphal in seinem gelungenen Kapitel "Young girls in Hollywood", in dem er Natalie Portman und ihre Figuren in den Kontext der jungen, betont individualistischen Schauspielerinnen der Neunziger stellt. Winona Ryder oder Juliette Lewis etwa zeigten, dass sich das "junge" Kino nicht zwangsläufig auf alberne Teenagerfilme beschränken muss, sondern durchaus in der Lage ist, Ernsthaftes hervorzubringen. Mehr solche Fragestellungen hätten dem Buch sicher gut getan.

Titelbild

Sabine Horst (Hg.): Robert de Niro. film: 12.
Dieter Bertz Verlag, Berlin 2001.
280 Seiten, 20,30 EUR.
ISBN-10: 3929470829

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Titelbild

Sascha Westphal: Natalie Portmann.
Dieter Bertz Verlag, Berlin 2002.
160 Seiten, 9,90 EUR.
ISBN-10: 3929470373

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