Berlin wird Berlin bleibt Berlin

Die "Geschichte einer Stadt" in Bildern und Texten von Julius Schoeps

Von Michael GriskoRSS-Newsfeed neuer Artikel von Michael Grisko

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Denkt man die Vokabeln Deutschland und Metropole zusammen, ergibt dies schnell Berlin. Nach der ersten urkundlichen Erwähnung im Jahr 1244, der Vereinigung von Berlin und Cölln knapp 200 Jahre später und dem nur kurze Zeit darauf folgenden Aufstieg zur ständigen Residenzstadt der Brandenburgischen Kurfürsten, wird die Stadt zum politischen und später auch wirtschaftlichen und kulturellen Brennpunkt der jeweils deutlich voneinander zu trennenden deutschen Staaten.

Es brauchte aber noch einiger territorialer Zusammenschlüsse, die weit bis ins 19. Jahrhundert andauerten, um aus einer Ansammlung verschiedener Kleinstädte, eine Metropole mit Weltrang zu machen. Dazu kamen einige kultur- und wissenschaftsbeflissene Fürsten im 17. und 18. Jahrhundert, die nicht nur die Akademie der Künste und die der Wissenschaften gründeten, sondern auch das Opernhaus (1742) und das Schauspielhaus am Gendarmenmarkt eröffneten - natürlich fällt auch die Fertigstellung der Charité und des Schloss Bellevue in diese Regierungszeit.

Aber nicht nur die großen wissenschaftlichen Errungenschaften werden in der Spreemetropole gewürdigt, auch die politischen Auseinandersetzungen finden hier ihren symbolischen und realen Ort. Im Jahr 1806 zieht Napoleon durch das Brandenburger Tor nach Berlin ein, 1840 beginnt die Regierungszeit König Friedrich Wilhelm IV, nur acht Jahre später gibt es bei den Barrikadenkämpfen der sogenannten "Märzrevolution" 216 Tote. 1871 wird Berlin Reichshauptstadt und erlebt im Zuge des kaiserlichen Machtausbaus und der Gründerzeit einen wahren Bau- und Repräsentationsboom: Berlin wird zum Zentrum zivilisatorischer Innovationen mit Blick auf die Mobilität, die Kommunikation und die Elektrifizierung, kurz: der Industrialisierung.

Aber auch - nach dem Ersten Weltkrieg - zur Stadt der "Goldenen 20er-Jahre" und deren Schattenseiten: dem 'Dritten Reich'. Berlin wird zur Stadt der Teilung mit Sonderstatus. Luftbrücke, Kalter Krieg, Mauerbau, Transitstrecke und Übergangsbahnhöfe markieren die Zeit bis zum 3. Oktober 1989 und dessen Folgen. Nach der Wiedervereinigung erlebt die Stadt eine urbane Renaissance, die sich in der Wiederbelebung traditioneller und durch die Teilung vernachlässigter Stadtbezirke und Plätze niederschlug.

Deutlich liegt der Fokus des Berlin-Bildbandes auf der Schwellenzeit nach der Reichsgründung und rückt die ereignisreiche Zeit des 20. Jahrhunderts in den Mittelpunkt, wobei die essayartigen Texte das Nötigste erwähnen und durch die leider unkommentierten Bilder ergänzt werden. Nach knapp 240 Seiten bleibt jedoch ein unentschlossenes Gefühl zurück. Bei den Bildern ist man sich nicht sicher, ob man alles Wichtige nun tatsächlich gesehen hat und bei den kurzen geschichtlichen Abrissen ist man sich sicher, dass es tatsächlich nicht mehr als das Nötigste war. Angesichts der vielfältigen Berlinliteratur wird man sich im Buchregal vielleicht nach weniger illustrierten, dafür aber sorgfältig zusammengestellten Alternativen umschauen.

Titelbild

Julius H. Schoeps (Hg.): Berlin. Geschichte einer Stadt.
be.bra verlag, Berlin 2003.
248 Seiten, 34,00 EUR.
ISBN-10: 3898090310

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