Literarisierte Prostitution

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Unter der Vorgabe, dass "die Wahl, Sex zu verkaufen" eine Wahl sei, "das Selbst zu konstituieren", und "Anschaffen" daher ebenso wie Schreiben eine Möglichkeit sein könne, "sich selbst zu wählen", unternimmt es Vera Jost, sich den Prostituiertendarstellungen Franziska zu Reventlows, Veza Canettis, Marie Luise Fleißers und Emmy Ball-Hennings "mimetisch" und "empathisch" zu nähern. Jedoch steht nicht die Literarisierung von Huren im Mittelpunkt ihres Interesses, sondern "die Auswirkungen der Existenz von Prostitution und ihrer gesellschaftlichen Abwertung in allen Bereichen". Nach annähernd dreihundert durchaus nicht im Wissenschaftsjargon verfassten Seiten gelangt die Autorin zu dem Ergebnis, dass Prostitution ein Beruf "wie jeder andere" sei und konstatiert dessen besondere Affinität zur Tätigkeit von Ärzten, Pflegenden, Therapeuten und Künstlern. Allerdings, sei es "ein großes Unglück", wenn sich Frauen prostituierten, die nicht dazu "berufen" sind. Die Prostituierten zugeschriebenen Tätigkeiten und Eigenschaften, ihre "Lebens-, Liebes- und Arbeitsresultate", so das letzte Wort Josts, bedürfe einer "humor- und würdevollen Umdeutung".

R. L.

Titelbild

Vera Jost: Fliegen oder Fallen. Prostitution als Thema in Literatur von Frauen im 20. Jahrhundert.
Ulrike Helmer Verlag, Königstein 2002.
303 Seiten, 22,50 EUR.
ISBN-10: 3897411091

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